Geballte Ladung Architektur

Ein Hamburg-Führer stellt Perlen des Städtebaus vor

  • Britta Warda, Hamburg
  • Lesedauer: 3 Min.

Als ein »Gemisch aus Sprödigkeit und Zuverlässigkeit, von seltsam bis großartig«, beschrieb der »Übervater des Hamburger Städtebaus«, der im Jahr 1869 geborene Fritz Schumacher, einst Deutschlands zweitgrößte Stadt. Trotz aller Veränderungen, die sich seitdem vollzogen haben, gelten seine Worte bis heute, meinen die Autoren des vorliegenden Architekturführers durch die Stadt. Das kleine, typischerweise gelbe Bändchen aus den Reclam Verlag, das in jeder Hosentasche Platz findet, enthält eine geballte Ladung an Informationen und ist seinen (geringen) Preis mehr als wert.

Im einführenden Kapitel zur Stadtgeschichte erfährt der Leser kurz und bündig, wie sich Hamburg von den Anfängen - seit der Errichtung der Hammaburg - bis zur heutigen modernen City entwickelt hat. Begünstigt durch den großen Brand des Jahres 1842, erhielt Hamburg früher als andere europäische Metropolen eine moderne Innenstadt mit breiter Straßenführung und großzügigen Gebäuden.

Zwischen 1906 und 1933 entstanden dann unter der Ägide von Baudirektor Fritz Schumacher nicht nur die Mönckebergstraße und das Kontorhausviertel, das heute auf der UNESCO-Welterbeliste geführt wird. Mit seinen revolutionären Wohnsiedlungen im akkuraten Backsteinstil inklusive Sprossenfenstern und den vielen einzigartigen öffentlichen Gebäuden von hoher gestalterischer Qualität, die noch heute vielerorts das Stadtbild prägen, schrieb Schumacher Architekturgeschichte. Durch die Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg veränderte sich das Gesicht der Stadt einmal mehr grundlegend. Improvisierte Nachkriegsbauten und die berühmt-berüchtigte Ost-West-Straße, die die Innenstadt brutal zerschneidet, stehen für diese Zeit. In den 1980er Jahren legte Oberbaudirektor Egbert Kossak mit der Perlenkettenbebauung am Elbufer den Grundstein für den Ausbau der Hafengebiete.

Neben vielen Informationen enthält der Band Vorschläge für Rundgänge. Die klare Struktur macht es dem Leser einfach, sich zurechtzufinden. Die Stadt wird in fünf Bereiche eingeteilt: Innenstadt, Speicherstadt und HafenCity, von der Außenalster in den Norden und Osten beziehungsweise in den Westen und Süden. Dazu enthält das Buch die entsprechenden Karten, auf die in den Texten verwiesen wird. So lässt sich schnell und einfach feststellen, wo sich welches Objekt befindet.

Ein weiteres Kapitel des Buches beschäftigt sich mit Technikbauwerken. Alles wird kurz und präzise beschrieben, so reitet der Leser quasi im Galopp durch die Stadt. Wer Lust auf mehr Informationen hat, findet im Anhang Listen mit weiterführender Literatur und Internetseiten. Personen- sowie Objektregister sind als zusätzliche Suchhilfen nützlich.

Einziges Manko: Mehr aussagekräftige Abbildungen zu den beschriebenen Bauten wären wünschenswert gewesen. Im Smartphonezeitalter ist dieser Mangel an Visualisierung jedoch vertretbar, da sich die Bauwerke schnell googeln lassen. Internetmuffel genießen den Blick auf das Original. Prädikat des Buchs: sehr empfehlenswert!

Dirk Meyhöfer, Franziska Gevert: Reclams Städteführer Architektur und Kunst: Hamburg, Stuttgart, Reclam 2015, 248 Seiten, 11,80 Euro.

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