Dank Rebellion gegen die Autoritäten

Bei den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit in Athen belegte die deutsche Mannschaft den dritten Platz

  • Ernst Reuß
  • Lesedauer: 2 Min.

Einiges hat sich verändert seit den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit in Athen. 1896 erhielten die Sieger eine Silbermedaille und einen Olivenzweig, der Zweitplatzierte bekam eine Bronzemedaille mit Olivenzweig. Die heute üblichen Ehrungen in Gold, Silber und Bronze wurden erst im Jahr 1904 eingeführt.

Deutschland nahm an den ersten Olympischen Spielen in Athen mit gerade mal 21 Sportlern teil. In der Deutschen Turnerschaft waren der Wettkampfcharakter und der internationale Anspruch der Spiele heftig umstritten; es galt als »undeutsch«, am »französischen Treiben« teilzunehmen. Schließlich war Baron de Coubertin, der Initiator der Spiele, ein Franzose und damit ein »Erzfeind«. In der Absage der Deutschen Turnerschaft hieß es, dass die »Hauptleitung der Feste von vorn herein uns Deutschen gegenüber eine Stellung mit Wort und Tat eingenommen hat, die es mit deutscher Ehre unverträglich macht, an den Wettkämpfen in Athen teilzunehmen«. Es war ein junger Berliner namens Dr. Willibald Gebhardt, der 1895 das erste Nationale Olympische Komitee in Deutschland initiierte (das damals noch »Komitee für die Beteiligung Deutschlands an den Olympischen Spielen zu Athen 1896« hieß) und im Jahr darauf trotz erheblicher Widerstände aus der Funktionärsebene eine kleine, aber feine deutsche Delegation nach Athen führte. Ihr gehörten elf Turner an, die allein vier Goldmedaillen holten. Die Rebellion gegen nationalistisch bornierte Autoritäten hatte sich gelohnt. Und im Deutschen Reich war man stolz auf seine Olympiasieger. Im Medaillenspiegel belegte die deutsche Mannschaft mit sechs Goldmedaillen den dritten Platz hinter den USA und Griechenland.

Deutschland stellte außerdem die drei erfolgreichsten Einzelsportler: Die meisten Olympiasiege errang Carl Schuhmann. Er siegte im Ringen und beim Pferdsprung sowie mit der deutschen Turnmannschaft am Barren und am Reck. Die meisten Medaillen gewann Hermann Weingärtner. Er war Einzelsieger am Reck sowie zweimal Mannschaftssieger mit den Turnern; zweiter wurde er zudem an den Ringen und am Pauschenpferd. Alfred Flatow errang dreimal Gold und einmal Silber; er gewann den Einzelwettbewerb am Barren, wurde zweiter am Reck und gewann mit seinem Team zwei Mannschaftstitel. Am Mannschaftsolympiasieg beteiligt war auch sein sechs Jahre jüngerer Cousin Gustav Flatow. Beide waren Juden und emigrierten, als die Nazis die Macht an sich gerissen hatten, in die Niederlande. Nach dem deutschen Einmarsch dort wurden sie inhaftiert und deportiert; Alfred Flatow starb 1942 im KZ Theresienstadt, sein Cousin Gustav im Jahr darauf ebenfalls dort.

Gerade diesen ersten deutschen Olympiasiegern sollte man dieser Tage würdig gedenken.

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