TTIP-Protest bleibt links: AfD ausgeladen

Bündnis will Rechtspopulisten nicht mitdemonstrieren lassen

  • Elsa Koester
  • Lesedauer: 4 Min.

»Gemeinsam sind wir stark!«: Die AfD, sonst als Ausgrenzung-für-Deutsche-Partei bekannt, gibt sich gegenüber linken Parteien auf einmal ganz solidarisch. Nur zu gerne würde sie am 17. September Seite an Seite mit SPD, Grünen und Linkspartei gegen die Freihandelsabkommen TTIP und CETA demonstrieren, teilt sie dem Bündnis »Stop CETA & TTIP« in einem Schreiben mit. In dem Brief vom 9. August, der »nd« vorliegt, fordern die Berliner Landesvorsitzenden Beatrix von Storch und Georg Pazderski: : »Bitte teilen Sie uns als Koordinator der Demonstration mit, wie wir uns am besten in die Demonstration eingliedern und die Ablehnung von CETA und TTIP durch die AfD deutlich machen können.«

»Gar nicht«, antwortet der angesprochene Koordinator Christian Weßling am Dienstag in einem Antwortbrief des Bündnisses: »Betrachten Sie sich explizit als ausgeladen.« Auf den Demonstrationen gebe es keinen Platz für Rassismus, Rechtspopulismus und Antiamerikanismus. Vertreter der AfD sowie andere Gruppierungen mit rechtspopulistischer Agenda seien nicht erwünscht.

AfD zeigt sich ungehorsam: Unwillkommenes mitdemonstrieren?

Die AfD Berlin zeigt sich von der Ausladung jedoch wenig beeindruckt. »Die politische Linke will ihr Monopol auf den Widerstand gegen TTIP behalten. Klappt aber nicht«, kündigte sie am Montag auf Facebook an, gefolgt von einigen Empörungen treuer AfD-Fans: Undemokratisch und heuchlerisch sei die Linke. Es ginge doch um die Verhinderung von TTIP, da dürfe die politische Gesinnung »erstmal keine Rolle spielen.« Auftrieb, den die AfD zu nutzen weiß. Sie postet gleich ein Mobilisierungsplakat für die Demonstration hinterher: »TTIP verhindern, Souveränität bewahren.«

Die Freihandelskritik ist in der zwischen Wirtschaftsliberalismus und völkisch-nationaler Sozialpolitik zerrissenen Partei dabei keineswegs Konsens. Während der Berliner Landesverband in seinem Wahlprogramm seine Ablehnung von TTIP und CETA deutlich formuliert, laviert die Bundespartei auf ihrer Homepage über »Chancen und Gefahren«. Befürchtet wird, die USA könnte durch TTIP bevorteilt werden. Die US-amerikanischen Unternehmen hätten sicher ihre eigenen Interessen vor Augen; die europäischen Staaten müssten es ihnen »deshalb gleichtun«, Deutschland dürfe nicht als »unterlegener Juniorpartner« dastehen. Insgesamt bejahe die AfD jedoch Freihandelsabkommen »als Mittel des Wachstums«.

Linke und rechte Freihandelskritik

Für diese Formen »rechter Freihandelskritik« sei auf der Demonstration im September kein Platz, versichert Demo-Koordinator Weßling. Dabei hatte es bereits nach der Großdemonstration mit einer Viertelmillion Teilnehmern am 10. Oktober im Vorjahr den Vorwurf gegeben, es seien auch viele rechte Demonstranten mitgelaufen. Vereinzelt wurden AfD-Fahnen gesichtet, die rechtsradikale »Identitäre Bewegung« wurde aus dem Demonstrationszug herausgeworfen. Eine Umfrage widerlegte dann den Querfront-Vorwurf: Die Teilnehmer seien in der großen Mehrheit links gewesen, im Wählerspektrum zwischen den Grünen und der Linkspartei, lediglich drei Prozent waren rechts einzuordnen, fand das Berliner Institut für Protest- und Bewegungsforschung heraus.

Doch wo genau liegt der Unterschied zur Freihandelskritik der Bündnismitglieder SPD, Bündnis 90/Die Grünen oder Linkspartei, der Gewerkschaften und Hilfsorganisationen? »Die Ablehnung von Freihandelsabkommen durch die AfD speist sich aus völkisch-nationalen Motiven: Deutschland soll vor internationalen Ansprüchen geschützt werden«, erklärt Weßling. Das Ziel des Bündnisses sei es hingegen, die demokratischen Interessen nicht nur der europäischen, sondern auch der kanadischen und der US-amerikanischen Bevölkerung gegen Wirtschaftsinteressen zu verteidigen. »Die AfD verteidigt das deutsche Volk – wir verteidigen Demokratie und internationale Solidarität.«

Neben der Berliner Demonstration soll es am 17. September in sechs weiteren deutschen Städten Proteste gegen die Freihandelsabkommen geben, darunter in Hamburg, Frankfurt am Main und München. Insgesamt hofft das Bündnis auf über 100.000 Teilnehmer. Mit dem Protest soll vor dem EU-Gipfel am 22. und 23. September im slowakischen Bratislava eine breite Ablehnung des Abkommens sichtbar gemacht werden.

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