Wartezeiten werden länger - BAMF ist unfähig

Linkspartei-Abgeordete Ulla Jelke übt harsche Kritik an der schleppenden Bearbeitung von Asylanträgen durch Bundesamt für Migration

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.

Im zweiten Quartal dieses Jahres dauerte es durchschnittlich 7,3 Monate, bis über einen Asylantrag entschieden wurde. Verfolgt man die Statistik, so wird klar, die Bearbeitungszeiten werden wieder länger. Schuld daran ist das zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Besonders schwierige Asylfälle stellen die Behörde vor große Probleme. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor.

Als Frank-Jürgen Weise im September 2015 zusätzlich zu seiner Cheffunktion in der Bundesagentur für Arbeit die Leitung des BAMF übernahm, hatte man ihm im Bundesinnenministerium vor allem einen Auftrag erteilt: Bring' Ordnung in das Amt, optimiere die Arbeitsabläufe. Damals stapelten sich Hunderttausende Asylanträge. Über ein halbes Jahr mussten die Absender auf eine Antwort warten.

Weise krempelte die Ärmel hoch und erwartete das auch von seinen Nachgeordneten. Er stellte neue Leute ein, die Bundeswehr schickte dem Reserveoffizier halbe Kompanien, damit der genügend Hilfskräfte hatte. Und nun?

Das BAMF braucht durchschnittlich länger als ein halbes Jahr, um über einen Asylantrag zu entscheiden. Dabei war man Ende des vergangenen Jahres schon einmal stolz, die Wartezeiten auf rund fünf Monate gesenkt zu haben. Schuld an der skandalös langen Warterei seien die »Altfälle«. So bezeichnet man Anträge, deren Absenderdatum eineinhalb Jahre oder länger zurückliegt.

Das Urteil von Ulla Jelpke, der innenpolitischen Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, ist verheerend. »Die Unfähigkeit des BAMF, Asylanträge zügig zu bearbeiten, tritt immer deutlicher zutage.« Weil das Amt nichts gebacken bekommt, müsse man Maßnahmen ergreifen. Jelpke macht einen Vorschlag: Alle Asylbewerber, die seit mehr als einem Jahr warten, sollten automatisch anerkannt werden.

Schutzsuchende aus Somalia müssen laut Bundesregierung im Schnitt 21,9 Monate warten, Pakistaner 20,5 Monate. Insgesamt habe sich die Anzahl jener, die seit über 18 Monaten auf einen Bescheid warten, im zweiten Quartal von 55 341 auf 60 291 erhöht. Darunter sind Tausende Antragsteller aus Ländern mit hohen Anerkennungsraten. Dazu gehören Afghanistan und Eritrea.

Jelpke verweist auf die tragische Situation bei sogenannten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Im vergangenen Jahr hat das Amt bei der Bearbeitungszeit noch vier Monate draufgepackt. Sie liegt jetzt bei zehn Monaten. Dabei sollten die Kinder und Jugendlichen nach ihrer zum Teil abenteuerlichen Flucht, die vielen Traumata eingebracht hat, endlich in ein planbares Leben starten können, etwas lernen, eine Ausbildung machen.

Selbst Flüchtlinge, die aus Syrien kommen und deren Anträge eigentlich rasch positiv beschieden werden sollen, warten jetzt 3,4 Monate. Die schriftlichen Verfahren, die eine Beschleunigung bringen sollten, werden systematisch zurückgefahren. Stattdessen gibt es fast nur noch mündliche Anhörungen, die länger dauern.

Dabei wird immer häufiger nur sogenannter subsidiärer Schutz zugesagt. Im ersten Quartal des Jahres betraf dies mit 1335 Personen weniger als ein Prozent der Antragsteller, jetzt sind es fast 22 000, also 16,5 Prozent. Da sich aber an der Lage in ihren Herkunftsländern nichts geändert hat, gibt es aus Sicht der Bundestagsabgeordneten nur eine Erklärung. »Es geht darum, die Vorgabe des Asylpakets 2 umzusetzen und den Familiennachzug zu unterbinden. Dieser ist für subsidiär Schutzberechtigte bis März 2018 ausgesetzt. Ich halte das für eine familienfeindliche Schikane.«

Ende vergangener Woche war bekannt geworden, dass BAMF-Chef Weise im kommenden Jahr die Leitung der Behörde abgeben will. Designierte Nachfolgerin ist Jutta Cordt (52). Sie war bislang bislang Leiterin der Arbeitsagentur in Berlin.

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