Raffinierte Menschenfänger

MEINE SICHT

  • Lesedauer: 2 Min.

»Goworiesch pa russki?« - Sprichst Du Russisch, heißt es auf der Internetpräsenz der Alternative für Deutschland in Marzahn-Hellersdorf. Wer auf das in russischer Sprache umgewandelte Logo der Rechtspopulisten klickt, bekommt auf vier Seiten komprimiert das übliche populistische, autoritäre Sammelsurium serviert: Zuwanderungsstopp, Anti-Amerikanismusmus und Law-and-Order. In den meisten Punkten geht es den Rechten gar nicht um Lokalpolitik, stattdessen versucht die AfD mit außenpolitischen Forderungen, in der deutsch-russischen Community zu punkten. So wirbt die Partei für die Aufhebung aller gegen Russland gerichteten Sanktionen.

Dass ein solches Ansinnen nach der kommenden Abgeordnetenhauswahl weder auf Landes- noch auf Bezirksebene beschlossen werden könnte, ist irrelevant. Es geht schlicht und einfach darum, Wählermilieus zu umgarnen: in diesem Fall die große Gemeinschaft von Bürgern der ehemaligen Sowjetunion, die in der Hauptstadt lebt. Einige von ihnen haben soziale Probleme und sind erwerbslos. Dazu kommt ein diffuses Gefühl, abgehängt und immer noch nicht willkommen zu sein.

An die realen sozialen Probleme docken die raffinierten Menschenfänger von der AfD an. Zwar versuchen auch andere Parteien wie die LINKE sich als Vertreter dieser Community einzusetzen. Zum Teil gelingt das natürlich auch, und Wahlprogramme hat nicht nur die AfD ins Russische übersetzt. Aber den Abgehängten fehlt offenbar die konkrete positive Erfahrung, dass Politiker sie ernst nehmen.

Berlin hätte in der Vergangenheit einfach mehr für die Migranten tun müssen - wenn die AfD tatsächlich in diesen Milieus Erfolge erzielen sollte, wäre das zumindest zum Teil ein hausgemachtes Problem.

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