Werbung

Angriff auf Krankenhaus bei Aleppo

Verantwortliche unbekannt / Türkei will weitere Truppen nach Syrien schicken

  • Roland Etzel
  • Lesedauer: 3 Min.

Noch ist die Attacke vom Montag auf kurz vor Aleppo stehende Hilfstransporte nicht aufgeklärt, da belastet erneut eine Meldung über einen Angriff auf humanitäre Organisationen in Syrien die Bemühungen um eine Konfliktbeilegung. Getroffen worden sei bei einem Luftangriff ein Krankenhaus von Helfern der Organisation UOSSM. Außerdem seien zwei ihrer Sanitäter und zwei Ambulanzfahrer getötet worden, die in zwei Krankenwagen zu der Klinik in Chan Tuman in der Provinz Aleppo unterwegs gewesen seien.

UOSSM hat seinen Hauptsitz in Frankreich und sagt über sich selbst: »Wir sind eine medizinische Hilfsorganisation, die humanitäre und medizinische Hilfe allen Opfern des syrischen Krieges unabhängig von Religion, Ethnizität oder politischer Einstellung anbietet.« Aus ihren weiteren Verlautbarungen ist zu schließen, dass sie sich ausschließlich in von Rebellen kontrollierten Gebieten aufhält und die syrische Regierung als illegitim betrachtet - so wie es der französische Staat tut, von dem aus die Arbeit organisiert wird.

All das rechtfertigt auch in Kriegsgebieten in keiner Weise Luftangriffe auf Krankenhäuser und Sanitätsfahrzeuge, wenn sie als solche zu erkennen sind. Das ist möglicherweise nicht der Fall gewesen. In der Mitteilung von UOSSM gibt es darauf jedenfalls keinen Hinweis. Allerdings heißt es: »Für unsere Nichtregierungsorganisation arbeiten vor allem medizinisch ausgebildete Auslandssyrer in den Rebellengebieten.« Bei dem Angriff vom Mittwoch seien neun Rebellenkämpfer getötet worden, meldet AFP. Bei der Klinik in Chan Tuman handelt es sich also vermutlich um eine Art Feldlazarett der Aufständischen.

Anders als am Montag beim Beschuss der Trucks, als von den Rebellen und westlicher Seite schon unmittelbar danach die Luftwaffe Russlands und/oder Syriens verantwortliche gemacht wurde, gab es im Falle der Klinik bis Mittwochnachmittag keine Schuldzuweisung an die Regierungsseite.

Im Falle des Angriffs auf die Lkws, den sowohl Russland als auch Syrien nach wie vor entschieden bestreiten, sind die zunächst erhobenen direkten Beschuldigungen durch die westlichen Staaten etwas modifiziert worden. Am Dienstagabend hatte die Syrien-Kontaktgruppe unter Leitung des UN-Koordinators Staffan de Mistura getagt und mit John Kerry (USA) und Sergej Lawrow (Russland) zwei Außenminister gezeigt, die im Gegensatz zu manchen Gesprächsrunden davor um auffällige optische Distanz bemüht schienen. Die öffentliche Anklage gegen Russland überließ Kerry an anderem Ort einem subalternen Regierungsvertreter, dem Präsidentenberater Ben Rhodes. Auch dieser beschuldigte Moskau nicht mehr direkt, Russland habe die Verantwortung für den tödlichen Luftangriff auf den Hilfskonvoi. Nun heißt es, der Angriff könne nur von der syrischen oder der russischen Luftwaffe geflogen worden sein. Die Verantwortung trage letztlich aber Russland, wird Rhodes von AFP zitiert. Von Hubschraubern oder Kampfflugzeugen war nicht mehr die Rede.

Bemerkenswert erscheinen im Moment zwei Dinge. Einerseits: Von beiden Großmächten hat trotz raueren Tons niemand die gemeinsamen Bemühungen für beendet erklärt. Andererseits: Wenn zwei sich nicht mehr so einig scheinen wie bisher, freuen sich Dritte, in diesem Falle die Türkei. Wie die Istanbuler »Hürriyet« am Mittwoch schrieb, will Ankara weitere Truppen in den Norden Syriens schicken, angeblich zum Kampf gegen den Islamischen Staat. Kolportiert wird, dass die bisher in Syrien kontrollierten 900 Quadratkilometer auf eine »Sicherheitszone« von 5000 Quadratkilometer ausgeweitet werden soll. Offen ist, inwiefern dies mit Billigung der USA geschieht.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal