Sparkasse lässt Rentner allein

Kieler Geldinstitut schließt gleich acht Filialen

  • Dieter Hanisch, Kiel
  • Lesedauer: 3 Min.

Ein öffentlich-rechtliches Kreditinstitut entzieht sich seiner Verantwortung im ländlichen Raum: Die in Kiel ansässige Förde Sparkasse nennt ihre Entscheidung, acht Filialen zu schließen, in ihrer betriebswirtschaftlichen Sprache »Anpassungsmaßnahme« - und versucht, die Abkehr von der Kundenfreundlichkeit noch als etwas Positives darzustellen. Kommunalpolitiker in den betroffenen Kreisen Plön und Rendsburg-Eckernförde in Schleswig-Holstein sind sich einig: Sie verurteilen den faktischen Rückzug des Geldinstituts aus der Fläche.

Es geht um die bislang mit Mitarbeitern besetzten Filialen in Eckernförde, Karby, Osdorf, Preetz (zwei Filialen), Schönkirchen, Plön sowie in Kiel-Gaarden. Die Schließungen sollen im nächsten Monat erfolgen. So hat es der Verwaltungsrat der größten Sparkasse Schleswig-Holsteins mehrheitlich beschlossen, er folgte damit einem Vorstandsvorschlag. Als Begründung wird von einer Umorientierung des Kundenstroms gesprochen. Man wolle künftig mehr in den Ausbau digitaler und mobiler Kanäle investieren, ist vom Kreditinstitut zu erfahren.

Es bleibt der schwacher Trost, dass am Vinetaplatz in Gaarden, in Plön und in Karby immerhin noch Selbstbedienungs-Standorte mit Geldautomaten erhalten werden sollen. Die nächste mit Personal besetzte Filiale jedoch wird sich beispielsweise für bisherige Kunden in Karby im acht Kilometer entfernten Vogelsang-Grünholz befinden.

Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD), Vorsitzender des Verwaltungsrates, verteidigt die Vorstandsstrategie. Er scheint sich dabei nicht für die Kunden zu interessieren, etwa für die 87-jährige Ursula Schlüter in Osdorf. Sie ist seit 60 Jahren Sparkassenkundin, hat sich bisher ihre Kontoauszüge und kleine Barbeträge immer zu Fuß abgeholt. Nun wird sie auf die Filiale im rund vier Kilometer entfernten Gettorf verwiesen. Das bereitet der Seniorin, die nicht motorisiert ist, ernste Probleme - zumal für ihren Wohnort auch keine rollende Sparkassen-Filiale vorgesehen ist.

Ursula Schlüter steht für viele Kunden im Rentenalter, die kein Online-Banking betreiben. Aus diesem Grund werden in der 2400-Einwohner-Gemeinde Osdorf auch auf Protestlisten Unterschriften zusammengetragen. Diese sollen in der nächsten Woche im Rahmen einer Einwohnerversammlung Verwaltungsratsmitgliedern der Förde Sparkasse überreicht werden. OB Kämpfers Aufgabe wird es dort sein, den Osdorfern die schwierige Balance zwischen Wirtschaftlichkeit der Bank und Präsenz in der Fläche zu vermitteln und zu erklären, weshalb Kunden des Online-Bankings fortan mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden soll.

Auf der Vertreterversammlung der Förde Sparkasse Ende August hatte es noch breite Kritik am Rückzug aus der Fläche gegeben. Anders als der Kieler Verwaltungschef hat Eckernfördes Bürgermeister Jörg Sibbel als Mitglied des 22-köpfigen Verwaltungsrats dem Schrumpfungspaket nicht zugestimmt. Auch der Landrat des Kreises Rendsburg-Eckernförde, Rolf-Oliver Schwemer, findet deutliche Worte des Widerspruchs. Er könne keine Gleichbehandlung von Stadt (Kiel) und der ländlichen Versorgung, wie es eigentlich der satzungsgemäße Auftrag für die Anstalt öffentlichen Rechts in kommunaler Trägerschaft gebietet, erkennen.

Die Förde Sparkasse beschäftigt derzeit 1100 Mitarbeiter, in ihrem Geschäftsgebiet lebt eine halbe Million Menschen. Bereits in den vergangenen drei Jahren wurden sieben Filialen geschlossen.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal