Das Leben ist ein Abenteuer

Christine Nöstlinger zum 80. Geburtstag

  • Sabine Neubert
  • Lesedauer: 4 Min.

Wenn dir das Schicksal eine Liebe aufhalst, bist du dagegen machtlos. Da brauchst du gar nicht versuchen, dich dagegen zu wehren ...« Recht hat sie, die quirlige Zirkusprinzessin Loretta, in der »traurigen und zarten, wunderbar hoffnungsvollen Liebesgeschichte« von der »Lumpenloretta« und Glatze. Denn in die Freundschaft der beiden hat sich auch noch »Locke« eingemischt und für allerlei Verwirrung gesorgt. Und Recht hat natürlich vor allem die fantasievolle Erfinderin der drei, die österreichische Erzählerin Christine Nöstlinger, die hier, wie in all ihren beliebten Kinderbüchern - rund hundert sollen es sein - schon mal die kleinen Leser auf das große Abenteuer Liebe und Leben vorbereitet.

In ihren vielen Glossen, die sie jahrelang für Wiener Zeitungen schrieb, hat sie das dann auch heiter-ironisch für die fortgeschrittene Jugend, vorrangig für Frauen allen Alters und in allen Lebenslagen, deutlich gemacht: Das Leben ist ein Abenteuer, alltägliche Tücken lauern überall, die Liebe kommt und geht, und das Glück reicht nur für Augenblicke. Gefeit ist man vor nichts, man muss nur alles gut sortiert zwischen Freundschaften, Ehe, Familie, Kinderkram und Beruf unterbringen. Und dann ist da natürlich auch noch die ganz eigene Erfahrung der Autorin, denn »das Schicksal« hat ihr eine besondere Liebe »aufgehalst«, die Liebe tausender Kinderherzen. Das ist mehr als »ein Glück für Augenblicke«, das ist so etwas wie eine unendliche (Liebes-) Geschichte.

An diesem Donnerstag wird Christine Nöstlinger achtzig, Grund genug, auf ihren Lebensweg zu schauen und in ihren »Erinnerungen« zu blättern. Im Jahr 1936 in Wien als Tochter eines Uhrmachers geboren, erlebte sie ganz bewusst die Kriegs- und die Nachkriegszeit mit ihrem konservativen Rollenverständnis, mit Aufschwung, Veränderungen und Experimenten. Nach der Matura begann sie eine Ausbildung an der Wiener Kunstakademie, wandte sich aber bald der Arbeit für Presse und Rundfunk zu, später auch für das Fernsehen. Der Stadt Wien ist sie treu geblieben, trotz zahlreicher, oft beruflich bedingter Reisen in viele Länder der Welt.

Christine Nöstlingers erstes Kinderbuch »Die feuerrote Friederike« erschien 1970 und wurde sogleich ein großer Erfolg. Der Verleger, so schreibt sie in den »Erinnerungen«, hatte ihr Manuskript ohne jegliche Änderungen gedruckt und sie umgehend um weitere Texte gebeten. Drei Kinderbuchverlage buhlten alsbald um ihre Schreibgunst, und sie schrieb, nie um Themen verlegen, ein Kinder- und Jugendbuch nach dem anderen: »Die drei Posträuber«, »Die Kinder aus dem Kinderkeller«, »Wir pfeifen auf den Gurkenkönig«, »Maikäfer flieg«, »Simsalabim«, »Der liebe Herr Teufel«, »Lollipop«, »Die Geschichte von der Geschichte vom Pinguin«, »Vom weißen Elefanten und den bunten Luftballons«, »Lumpenloretta« und viele mehr. Den beliebtesten »Helden« hat sie den Kindern mit ihrem Franz geschenkt - Franz in Quatschgeschichten, Detektivgeschichten, Fußballgeschichten, Hundegeschichten und Freundschaftsgeschichten.

Christine Nöstlingers Bücher sind in viele Sprachen übersetzt worden, sie wurde mit Preisen und Ehrungen überhäuft. Besonders glücklich war sie darüber, dass ihr im Jahr 2003 als erster Preisträgerin der Astrid-Lindgren-Gedächtnis-Preis verliehen wurde. Die schwedische Kinderbuchautorin hatte sie selbst noch kennengelernt und verehrte sie besonders.

»Gute Freunde sind das beste auf der Welt,« ist das Motto ihrer Jugendbücher, Sie spiegeln die reale Welt der jungen Menschen und die fantastische Welt ihrer Träume. Nicht so egozentrisch wie Pippi Langstrumpf, haben ihre kleinen, selbstbewussten Helden in den Siebzigern im konservativen Wien zuweilen doch noch Anstoß erregt. Die Welt hat sich weitergedreht - bis hin zu Harry Potter, den iPhones in den Kinderhänden und Ängsten in Kinderseelen. Christine Nöstlinger begibt sich hinein in die angstfreie, kunterbunte, stressfreie Alltagswelt der Kinder, was ihr Leser nun schon in der dritten Generation beschert. Mit ihren »Erinnerungen« ist ihr eine kleine Geschichte der Alltagskultur im 20. Jahrhundert gelungen, worin sich die Älteren plötzlich und unerwartet wiederfinden können.

Christine Nöstlinger: 1. Eine Frau sein ist kein Sport. Ein Hausbuch für alle Lebenslagen. 2. Liebe macht blind - manche bleiben es. Trost und Rat für Frauen in allen Lebenslagen. 3. Glück ist was für Augenblicke. Erinnerungen. Drei Bände mit Schutzumschlag im Schuber. Residenz Verlag, 704 S., geb., 29,90 €.

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