LINKE und Grüne lehnen AfD-Kandidaten ab

Bezirksparlamente traten am Donnerstag zusammen / Kaum Chancen für Lichtenberger AfD-Stadtratskandidat

  • Johanna Treblin und 
Ellen Wesemüller
  • Lesedauer: 3 Min.

Wolfgang Hebold ist 57 Jahre alt, verheiratet und hat vier Kinder. Er ist Dozent und Software-Entwickler, Buchautor und verfügt über Erfahrungen bei Projektleitungen. So stellt die Berliner AfD-Landespartei ihren Kandidaten für einen Stadtratsposten in Lichtenberg vor. Er ist einer von sieben Stadträten, die die Partei in den Bezirken stellen kann. Am Donnerstagabend konstituieren sich die zwölf Bezirksverordnetenversammlungen (BVV). In den meisten Bezirken sollen dabei Bürgermeister und Stadträte gewählt werden.

In Lichtenberg soll Evrim Sommer (LINKE) Bezirksbürgermeisterin werden, deren Wahl ist allerdings erst für den November terminiert. Die Stadträte sollten bereits diesen Donnerstag gewählt werden, doch ein Kandidat wird wohl nicht durchkommen: Grüne und LINKE stellen sich gegen den AfD-Kandidaten Hebold.

»Wir sind prinzipiell bereit, uns die Personen anzuschauen, die die AfD für den Stadtratsposten vorgesehen hat, aber in diesem Fall ist das indiskutabel. Wir werden ihn nicht wählen«, sagte dem »nd« Michael Grunst, künftiger LINKEN-Stadtrat in Lichtenberg. Hebold war im Mai als Lehrbeauftragter der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) und der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) entlassen worden, weil er sich wiederholt islamfeindlich geäußert hatte. Gegen ihn wird außerdem wegen Volksverhetzung ermittelt.

»Hetzende Menschen wie Hebold haben im Rathaus Lichtenberg nicht das Geringste zu suchen«, erklären die Grünen-Fraktionsvorsitzenden Camilla Schuler und Sebastian Füllgraff.

Für die AfD-Lichtenberg sitzt eine weitere umstrittene Person in der BVV: Heribert Eisenhardt war Mitglied der rechten Partei »Die Freiheit« und ist als Redner und Moderator bei den rechten Bärgida-Aufmärschen aufgetreten. Gegen ihn läuft bereits seit seit Mitte 2015 ein Parteiausschlussverfahren. Auf dem Ticket der Bezirks-AfD ist darüber hinaus Kay Nerstheimer ins Abgeordnetenhaus eingezogen. Wegen rassistischer und homophober Äußerungen ist er schließlich freiwillig aus der neuen AfD-Fraktion ausgeschieden. Er sitzt nun fraktionslos im Landesparlament.

Rund 70 Menschen fanden sich am Donnerstagnachmittag vor der Max-Taut-Aula am Nöldnerplatz in Lichtenberg ein, wo die konstituierende Sitzung der BVV stattfand. Das Lichtenberger Bündnis für Demokratie und Toleranz hatte zu einer Kundgebung aufgerufen, um ein Zeichen gegen Rassismus und Ausgrenzung zu setzen. An der Kundgebung nahm unter anderem Bündnissprecherin Rosemarie Heyer teil, außerdem die künftige Bezirksbürgermeisterin Sommer sowie Gesine Lötzsch, Bundestagsabgeordnete für die LINKE in Lichtenberg.

Als AfD-Stadtratskandidat Hebold und der BVV-Abgeordnete Eisenhardt das Gebäude betraten, erschallten laute Buh-Rufe aus der Menge, »Rassistenpack raus«, riefen einige. Ein Schild verkündete: »Lichtenberg ist nicht völkisch«.

In der benachbarten Max-Taut-Schule, zu der die Aula gehört, in der sich die Bezirksverordneten trafen, nahmen Geflüchtete zur Zeit der Kundgebung an einem Deutschkurs teil. Sie hängten ein Plakat aus einem Fenster: »Danke Deutschland für Sympathie«.

In einer früheren Version des Textes hieß es, Wolfgang Hebold habe sich »in seinen Seminaren wiederholt islamfeindlich geäußert«. Hebold bestritt allerdings, sich »im Unterricht« islamfeindlich geäußert zu haben.

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