Einigung auf weltgrößte Meeresschutzzone erzielt

Für 35 Jahre soll in der Antarktis Fischen verboten sein / WWF begrüßt Verhandlungen

  • Barbara Barkhausen, Sydney
  • Lesedauer: 3 Min.

Rund 1,55 Millionen Quadratkilometer, eine Fläche etwa viermal so groß wie Deutschland, wird im Südpolarmeer zur Meeresschutzzone erklärt. Darauf einigten sich 24 Länder und die Europäische Union nach zweiwöchigen Verhandlungen in Hobart auf der australischen Insel Tasmanien. Die Schutzzone soll vorerst auf 35 Jahre eingerichtet werden.

Fünf Jahre war zuvor erfolglos verhandelt worden. China, Russland und die Ukraine, die in der Region fischen, hatten sich immer wieder quer gestellt. Nun ist die Entscheidung vom Freitag ein großer Erfolg für die Kommission zur Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis (CCAMLR).

Das weltgrößte Meeresschutzgebiet liegt im Rossmeer vor der südlichen Küste der Antarktis, eine Region, die Wissenschaftler als eine der am wenigsten berührten Ökosysteme der Erde beschreiben. Im größten Teil der Meeresschutzzone – auf einer Fläche von 1,12 Millionen Quadratkilometern – wird Fischerei vollkommen verboten sein.

Die Entscheidung versucht ein »Gleichgewicht zwischen Meeresschutz, nachhaltiger Fischerei und wissenschaftlichen Interessen« zu schaffen, gab Neuseelands Außenminister Murray McCully bekannt. Russland beispielsweise wird weiterhin Riesen-Antarktisdorsche fischen dürfen, allerdings in Regionen, wo beispielsweise weniger nicht ausgewachsene Fische in die Netze gehen.

Die historische Vereinbarung, die im Dezember 2017 in Kraft treten wird, ist ein Sieg für die vielfältige Tierwelt der Region: Mehr als 10.000 Tierarten, darunter Pinguine, Wale, Seevögel, Tintenfische, Knochenfische, Robben und antarktischer Krill - Kleinkrebse, die die Lebensgrundlage für die meisten anderen Tiere sind - werden von der Entscheidung profitieren.

Der World Wildlife Fund (WWF) feierte die Entscheidung im Internet als eine »willkommene Erleichterung für alle Pinguine, Wale und Robben, die das Rossmeer ihr Zuhause« nennen. In einer Pressemitteilung hatte die Naturschutzorganisation zuvor bekanntgegeben, dass ein Drittel der Adeliepinguinkolonien bis 2060 verloren gehen könnten, da der Klimawandel Krill und Fische beeinträchtigt. Zudem seien 596 der 674 Gletscher an der Westküste der antarktischen Halbinsel seit Beginn der Aufzeichnungen in den 40er Jahren zurückgegangen und das Larsen C-Schelfeis drohe auseinander zu brechen. Die Einrichtung der Meeresschutzzone kommt deswegen zu einem kritischen Zeitpunkt.

Das Schutzgebiet ist nicht nur wichtig, um die Tiere in der Region vor Überfischung zu schützen und die enorme Artenvielfalt zu erhalten. Die Entwicklung der Antarktis und des Südpolarmeeres ist auch ein Indikator für den gesamten Zustand des Klimas und den fortschreitenden Klimawandel. Im April 2013 veröffentlichte ein Wissenschaftlerteam der Australian National University und der British Antarctic Survey beispielsweise die Ergebnisse einer 360 Meter tiefen Eiskernbohrung an der nördlichen Spitze der Antarktischen Halbinsel. Der Eiskern zeigte, dass die kühlsten Temperaturen und damit die geringste Schmelze vor 600 Jahren herrschten und seitdem die Temperaturen um 1,6 Grad angestiegen sind. Eine dramatische Schmelze ließ sich dabei vor allem in den vergangenen 50 Jahren erkennen.

Die Antarktis ist der höchst gelegene, trockenste, kälteste und windigste Kontinent der Erde. In der bis zu 4500 Meter dicken Eisdecke sind aber rund 90 Prozent des Eises und 70 Prozent der weltweiten Süßwasserreserven gebunden. Im Augenblick gilt die Antarktis als sogenanntes Niemandsland. Bis mindestens 2041 – bis der Antarktisvertrag ausläuft – kann kein Land Anspruch auf den Kontinent aus Eis anmelden.

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