Google-Chefs zählen Fische

Australische Regierung reagiert verärgert auf Berichte über totes Great Barrier Reef

  • Barbara Barkhausen, Sydney
  • Lesedauer: 3 Min.

Noch ist das Great Barrier Reef die größte lebende Struktur, die auch aus dem Weltraum sichtbar ist. Nein, «tot» ist das Riff nicht, wie ein Journalist Anfang Oktober auf einer kanadischen Internetseite behauptete: «Das Great Barrier Reef in Australien ist nach langer Krankheit 2016 verstorben. Es war 25 Millionen Jahre alt.» Der «Nachruf auf das Riff» verärgerte die australische Regierung, die in den kommenden zehn Jahren zwei Milliarden australische Dollar (1,4 Milliarden Euro) in die Gesundung des Riffs stecken will.

Doch die extreme Korallenbleiche, die höhere Meerestemperaturen als normal ausgelöst hatte, hat im nördlichen Bereich des Great Barrier Reefs allein in diesem Jahr rund ein Drittel aller Korallen getötet. Nur der Süden des insgesamt über 2000 Kilometer langen Riffs überstand die Bleiche mit weniger Schaden.

Im Moment geht es den Behörden um eine Bestandsaufnahme. Wie viele Korallen sind wo abgestorben? Wie sieht die Lage an den 3000 Einzelriffen mit 400 unterschiedlichen Korallentypen aus? Wie haben die 1500 Fischspezies die letzten Monate überstanden? Für die Mammutaufgabe braucht es Tausende Freiwillige, die im Auftrag der Wissenschaftler und Behörden zählen und fotografieren. Die Marineparkbehörde hat das «Eye on the Reef’-Programm ins Leben gerufen, mit dessen Hilfe Privatleute den Wissenschaftlern unter die Arme greifen und ihre Beobachtungen beim Schnorcheln und Tauchen übers Internet weitergeben können.

Ein erstes gutes Beispiel setzte die Great-Barrier-Reef-Stiftung nun mit einem Team aus 50 Managern von Firmen wie Google, Qantas oder BHP Billiton. Sie schickte die Manager, die sonst meist im Büro arbeiten, damit sie unter Wasser Dienst leisten. Ihr Ziel war die Insel Lady Elliot Island, die am südlichen Ende des Riffs liegt.

Sabine Zonderland, Markenmanagerin bei Google, war eine Teilnehmerin. Sie zählte Fische und konnte sich nicht über einen Mangel an Tieren beschweren. »Ich sah eine Menge Forellen und etliche der kleinen Nemofische und sie waren alle zusammen in kleinen Familien«, sagte sie. BHP-Billiton-Ingenieur Nathan Donegan zählte Schnecken. »Ich fand innerhalb von zehn Minuten etwa 350«, sagte er. Das ließe die Vermutung zu, dass die Population der Tiere vor Lady Elliot Island gesund sei.

Die Beobachtungen der Manager bestätigen damit einen Teil der Ergebnisse der Wissenschaftler: Nämlich, dass der Süden des Riffs noch weitestgehend gesund ist, während der Norden dagegen schwer gelitten hat. Denn als Anfang des Jahres wegen des intensiven El Niños rund 93 Prozent der Korallen im Great Barrier Reef bleichten, überlebte mehr als ein Drittel der Korallen im Zentrum und im Norden dies nicht, während der südliche Teil des Riffs, wo auch Lady Elliot Island liegt, Glück hatte.

Für das Riff war die diesjährige Korallenbleiche nicht der erste Schlag. Eine Studie aus dem Jahr 2012 zeigte bereits, dass in den vergangenen 30 Jahren etwa 50 Prozent aller Korallen abgestorben sind. Zwei Korallenbleichen - 1998 und 2002 - hatten dem Riff schon stark zugesetzt, das durch Abwässer aus der Landwirtschaft, dem Ausbau und Betrieb von Kohlehäfen, von Stürmen und dem Dornenkronenseestern, der die Korallen abfrisst, zusätzlich geschwächt ist.

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