Koloniale Verherrlichung in Hamburg

Bezirksamt Wandsbek hat Sklavenhändler Schimmelmann Denkmal gesetzt

  • Susann Witt-Stahl
  • Lesedauer: 2 Min.
Auch wenn der rote Lack, mit dem Unbekannte die Bronzebüste übergossen haben, längst schon wieder ab ist: Die Protestaktionen gegen das Ehrenmal für Graf Heinrich Carl von Schimmelmann, der im 18. Jahrhundert jährlich bis zu 60 000 Sklaven in die Karibik hatte verschiffen lassen, gehen weiter. Die »Black Community Hamburg«, ein Netzwerk aus afrikanisch-deutschen Initiativen, will so lange gegen das »rassistische Denkmal« demonstrieren, bis es abgerissen wird. Angefangen hatte der Streit um die Schimmelmann-Plastik am 10. September: Bezirksamtsleiter Gerhard Fuchs (CDU) hatte drei Büsten »verdienter Wandsbeker« am Puvogel-Garten aufstellen lassen. Darunter Graf von Schimmelmann, der 1762 dem König von Dänemark das Gut Wandsbek abgekauft hatte. Der Alkohol- und Waffenproduzent hatte aber nicht nur bedeutend zum Wohlstand der Region beigetragen. Seine Familie besaß auch eigene Bauwoll- und Zuckerrohr-Plantagen auf den Virgin Islands, wo rund 1000 Sklaven arbeiten mussten. Zu allem Übel hatte Kultursenatorin Karin von Welck (parteilos) an der feierlichen Enthüllung der Schimmelmann-Statue teilgenommen und dem Sklavenhändler somit auch noch zu Weihen durch die Landesregierung verholfen. »Ein Skandal», meint Gisela Walk (58), die dem Protestaufruf der »Black Community« gefolgt ist und sich seit Wochen fast täglich für eine Stunde an das Denkmal kettet. »Die Kultursenatorin beteiligt sich an der Ehrung eines Mannes, der seinen Sklaven als Erkennungszeichen ein Herz mit einem S in die Brust einbrennen ließ.« Heftige Kritik hagelt es auch von der rot-grünen Opposition in der Bezirksversammlung, deren Antrag auf Entfernung des Schandmals von der CDU-Mehrheit abgeschmettert wurde: »Das Leid, das Schimmelmann aus reinem, egoistischem Profitstreben über Hunderttausende von schwarzen Menschen gebracht hat«, so Vasco Schulz, Kreisvorsitzender der GAL Wandsbek, »verbietet jede weitere Ehrung.« Bezirksamtsleiter Gerhard Fuchs hat kein Verständnis für die Aufregung: Mit dem Denkmal solle schließlich nicht an Schimmelmann persönlich, sondern lediglich an einen namhaften Wandsbeker erinnern werden. Zudem werde auf einer Informationstafel deutlich auf Schimmelmanns Vergangenheit als Sklavenhändler hingewiesen. Dass der Christdemokrat versucht, sich die Rolle des kritischen Aufklärers anzueignen, provoziert die schwarze Gemeinde in Hamburg, die die Aufstellung der Schimmelmann-Büste als »Verherrlichung kolonialer Gräueltaten« anprangert, nur noch mehr: Fuchs' »zynische und beleidigende Argumentation« sei nur ein weiteres Zeichen dafür, dass Rassismus in Deutschland »nicht nur auf einer individuellen Ebene existiert», lautet der bittere Kommentar von Victoria B. Robinson, »Black-Community«-Sprecherin. Sondern er habe sich soweit institutionalisiert, dass sich Politiker »die Frechheit erlauben, einem Menschenhändler und rassistischen Verbrecher ein neues Denkmal zu setzen».

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