Programm mit Fehlstellen

Für Flüchtlinge bestehen zu große Hürden beim Bundesfreiwilligendienst

  • Rainer Balcerowiak
  • Lesedauer: 3 Min.

Im November 2015 startete ein Sonderprogramm, das auch Flüchtlingen und ehrenamtlichen Helfern den Zugang zum Bundesfreiwilligendienst (BFD) ermöglichen soll. Koordiniert wird dies durch den Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Kooperationspartner ist die Türkische Gemeinde Deutschland (TGD), ein nicht-religiöser Dachverband türkischer Vereine und Verbände in Deutschland. Am Donnerstag zogen die beiden Organisationen in Berlin eine erste Bilanz.

Die fällt durchaus gemischt aus. Denn von den 10 000 geförderten BFD-Stellen sind derzeit lediglich 5500 besetzt, davon nur 1800 von Flüchtlingen. Victoria Muntendorf. Leiterin der BUND-Zentralstelle für den BFD, macht dafür sowohl bürokratische Hemmnisse als auch strukturelle Mängel verantwortlich. Teilnehmen können nur Flüchtlinge, die die Erstaufnahmeeinrichtungen bereits verlassen haben und denen offiziell eine »gute Bleibeperspektive« bescheinigt wird. Ferner müssten die örtlichen Ausländerbehörden eine Arbeitserlaubnis erteilen, was oftmals ohne ersichtlichen Grund verzögert oder gar verweigert werde, kritisierte Muntendorf. Das habe man sich »anders vorgestellt«. Auch könne ein BFD-Programm nicht verstärkte Bemühungen um reguläre Ausbildungs- und Arbeitsplätze für Flüchtlinge ersetzen. Doch die im Rahmen der BFD-Stellen angebotenen Sprachkurse und Seminare könnten in vielen Fällen hilfreich sein, auf diesem Weg voranzukommen. Für den Erfolg des Programms sei es »dringend notwendig, die Verwaltungsabläufe und dabei besonders die Erteilung der Arbeitserlaubnisse zu vereinfachen«, so Muntendorf.

Doch das sind nicht die einzigen Schwachpunkte des BFD-Sonderprogramms. So ist in den Verträgen für die in der Regel auf zwölf Monate befristeten BFD-Einsätze eindeutig festgeschrieben, dass auch während dieser Zeit eine Abschiebung erfolgen kann, wenn ein Asylantrag rechtskräftig abgewiesen wurde. Ferner wird das für eine Vollzeitstelle vorgesehene Taschengeld von 372 Euro pro Monat zu 75 Prozent auf die Leistungen angerechnet, die Flüchtlinge aufgrund des Asylbewerberleistungsgesetzes erhalten. Ihnen verbleiben also maximal 93 Euro. Für den BUND-Vorsitzenden Hubert Weiger sind derartige Regularien »mit dem Gedanken der Integration oder auch einfach nur der würdigen Behandlung von Flüchtlingen nicht vereinbar«.

Trotz dieser Einschränkungen sehen die Trägerverbände das Programm als im Prinzip sinnvoll an. Es biete den Teilnehmern Möglichkeiten zur Orientierung in einer zunächst fremden Gesellschaft und zu Kontakten mit hier ansässigen Menschen aus verschiedenen Bereichen, so Weiger. Für seine Organisation sei das Programm eine »wichtige und völlig neue Herausforderung«. Doch glaubwürdiger Umweltschutz müsse auch »Respekt und Zuwendung für Menschen« beinhalten. Man wolle »denjenigen, die zu uns kommen, die Möglichkeit geben, sich hier heimisch zu fühlen«.

Auch der TGD-Geschäftsführer Martin Gerlach verweist auf den »wichtigen interkulturellen Ansatz«. Gerade in BFD-Projekten mit Bezug zu Geflüchteten gebe es eine enge und fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Flüchtlingen sowie Deutschen mit und ohne Migrationshintergrund. Die Kooperation mit dem BUND als institutionellem Träger funktioniere sehr gut. Es sei leider »nicht selbstverständlich, dass große Verbände ihre Ressourcen und ihren Zugang zu Fördermitteln uneigennützig mit anderen teilen«, so Gerlach.

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