Es brennt in Israel - und schnell ist die Rede von Terror

Nach tagelangen großen Bränden spricht die Feuerwehr vorsichtig von Entspannung / Die politische Debatte hat gerade erst Fahrt aufgenommen

  • Stefanie Järkel, Tel Aviv
  • Lesedauer: 3 Min.

Israel steht gefühlt in Flammen. Es brennt im Norden des Landes, im Westen und im Zentrum - und das seit Tagen. Zehntausende mussten ihre Häuser verlassen. Doch neben dem Kampf mit den Flammen beschäftigt die Behörden vor allem die Frage nach dem Warum. Die Polizei ermittelt auch wegen des Verdachts der Brandstiftung. Der Polizeichef nennt mutmaßliche Täter »nationalistisch motiviert«.

Die Presse spricht von einer »Feuer-Intifada« der Palästinenser, der Ministerpräsident von »Terror«. Er kündigt harte Strafen an. Sofort geht es wieder um den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern. Doch geht es um Feuer im Kampf gegen Israel – oder werden die Feuer von Israel auch politisch instrumentalisiert?

Die Polizei hat nach eigenen Angaben zwölf Männer festgenommen. Laut Medienberichten soll es sich teilweise um Palästinenser handeln. Eine offizielle Bestätigung gibt es allerdings nicht.

»Leider gibt es keinen Zweifel daran, dass es Fälle von Brandstiftung gegeben hat«, sagte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Freitag. Auf eine organisierte Brandstiftung wollte er sich allerdings nicht festlegen. Die Region leidet zudem unter einer andauernden Trockenheit. Starke Winde fachen die Brände zusätzlich an.

Bisher hat sich keine radikal-islamische Gruppierung zu einer organisierten Aktion bekannt – oder zur Anstiftung dazu. Selbst die im Gazastreifen herrschende Hamas hat sich nicht offiziell zu den Bränden geäußert. Dabei ist sie bei palästinensischen Anschlägen auf Israelis oft schnell dabei, die Taten für sich zu deklarieren.

Auch ein Vertreter der gemäßigten Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) hat die Vorwürfe zurückgewiesen. »Israelische Offizielle versuchen damit, die israelische Öffentlichkeit gegen die Palästinenser aufzuhetzen und nicht mehr«, sagt Wasel Abu Jussef, Mitglied des PLO-Exekutivkomitees.

Der ultra-rechte Erziehungsminister Naftali Bennett sagte laut »Times of Israel«, dass die Feuer nur gelegt worden sein könnten, und zwar von »jemandem, dem dieses Land nicht gehört«. Bennett machte sich bereits in der Vergangenheit für einen weiteren Ausbau der israelischen Siedlungen im Westjordanland stark. »Die Ära eines palästinensischen Staates ist vorbei«, sagte er kürzlich.

Arabische Abgeordnete im israelischen Parlament sprechen von gezielter Hetze gegen Araber und verweisen darauf, dass es auch Feuer in arabischen Orten gegeben habe. Die Feuer wüteten am heftigsten in Haifa, einer Stadt mit einem hohen Anteil an arabischen Israelis. Die Küstenstadt wird oft als Vorzeigeort für ein gutes Miteinander von Juden und Muslimen genannt. Auch im Westjordanland brennt es seit Mittwoch an mehreren Punkten, unter anderem in der Nähe von Ramallah, wo ein Großteil der palästinensischen Verwaltung sitzt.

In sozialen Netzwerken äußern sich Palästinenser sowohl freudig als auch traurig über die Brände. Die einen sehen die Feuer als eine gerechte Strafe Allahs, weil Israel aktuell darüber debattiert, Lautsprecher auf Moscheen zu verbieten. Die Palästinenserführung hat die Pläne massiv kritisiert.

Auf der anderen Seite schreiben Nutzer, dass bei den verheerenden Feuern auch Tausende Olivenbäume verbrennen würden. Diese würden aber nicht nur Israel gehören – sondern seien schon viel mehr Teil des historischen Palästinas gewesen. Der Olivenbaum ist für viele Palästinenser ein Zeichen ihrer tiefen Verbundenheit mit dem Land. dpa/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal