Von Klima-Irrlichtern und Weihnachtsleuchten

Weder CDU-Wirtschaftsflügel noch Advents-Lichterketten bringen das Klima voran, erinnert Eva Bulling-Schröter.

  • Eva Bulling-Schröter
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Hardliner der Unionsfraktion im Bundestag haben vor lauter adventlicher Vorfreude wohl feuchte Augen bekommen, als »Spiegel Online« zu Wochenbeginn über ihre kühnsten Träume berichtete. Der notorische Freund der Kohle- und Atomindustrie Joachim Pfeiffer von der CDU, der sich vom freiberuflichen Berater zum wirtschafts- und energiepolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion hochgearbeitet hat, will nämlich eine prominente AfD-Forderung ins Wahlprogramm hieven, zitiert der »Spiegel« aus einem internen CDU-Wunschzettel. Konkret: Es müsse endlich Schluss sein mit der Förderung von Ökostrom. Darum werde man »ein Konzept erarbeiten, wie wir bis zum Ende der kommenden Wahlperiode aus der EEG-Förderung aussteigen.«

Pfeiffer ist nicht nur keine Wirtschaftsleuchte. Denn heute weiß schon jeder Erstklässler, was der Reserveoffizier nicht wahrhaben will. Nämlich dass Windräder, Solarparks und Biogasanlagen in Deutschland Hunderttausende Jobs schaffen, eine Luft ohne Kohlepartikel und Quecksilber, weniger Allgemeinheitskosten für Umwelt und Gesundheit (und keine Endlagerkosten über Millionen von Jahren für Atommüll oder Renaturierung von Braunkohlelöchern). Weniger Energie-Abhängigkeit vom Ausland (Öl, Gas und Kohle) ist ein weiterer guter Nebeneffekt der Energiewende. Doch nicht nur das. Pfeiffer ist auch ein typischer Doppelspieler, mal Volksvertreter, mal Lobbyknecht. Greenpeace dokumentiert die Berufsmoral von Politikern wie Pfeiffer regelmäßig in »Schwarzbüchern«.

Da lesen wir, schon vor drei Jahren: Seit 2002 im Bundestag, wo er seit 2005 als energiepolitischer Koordinator und seit 2009 wirtschaftspolitischer Sprecher seiner Fraktion war, ist der CDU-Kaderpolitiker (Ex-Junge-Union) bis 2012 Mitglied im Beirat der Hitachi Power Europe GmbH gewesen, einem Lobbygremium des japanischen Atom- und Kraftwerkkonzerns Hitachi. Und siehe da, schreibt Greenpeace: »Im Bundestag setzte sich Hitachi-Beirat Pfeiffer vehement gegen einen Ausstieg Deutschlands aus der Atomenergie ein.«

Aber Pfeiffers Herz schlägt nicht nur für japanische Atommeiler. Hitatchi hat auch Kohlekraftwerke hochgezogen, etwa in Wilhelmshaven, in Datteln, Duisburg-Walsum oder Hamburg-Moorburg. Dass der zweifache Familienvater, der weiter als freier Berater für die freie Wirtschaft Geld verdient, den Klimaschutz bis heute nicht so richtig mag, liegt angesichts seiner jüngsten Wahlkampf-Träume auf der Hand. 2004 bezeichnete der CDU-Mann die Umsetzung der EU-Richtlinie zum Kyoto-Protokoll als »Katastrophe für die Industrie in Deutschland«, denn: »Die Folge ist eine einseitige Belastung der deutschen Wirtschaft. (…) Sie betreiben damit eine gezielte Deindustrialisierung Deutschlands.« Den bis heute nicht funktionierenden Emissionshandel nannte er schon früher einen »Generalangriff auf den Industriestandort Deutschland«.

Für Hitatchi machte sich Pfeiffer auch für die umstrittene CCS-Technologie zur »Abscheidung und unterirdischen Verpressung« von Treibhausgasen stark. Oh Wunder: E.on-Kraftwerke und Hitachi Power Europe arbeiten bei der Erforschung zur CO2-Abscheidung eng zusammen. Anfang 2013 trat Pfeiffer zwar von seinen Beiratspflichten bei den japanischen Kohlekraftwerksbetreibern zurück, erinnert das »Schwarzbuch«. Aber bis heute ist er noch Mitglied im Aufsichtsrat der Kofler Energies Power AG aus Bochum, die 1999 unter der Bezeichnung Rhein-Ruhr Energie als Stromversorger vom Erdöl-Aral-Konzern gegründet wurde. Irgendjemand überrascht, warum Pfeiffer auf Klimaschutz pfeift? Und warum immer mehr Menschen die AfD wählen, weil sie bei dieser Anti-Öko-Politik, wie bei Fremdenfeindlichkeit, dann doch lieber das Original ankreuzen?

Von Klima-Irrlichtern zu Weihnachtsleuchten. Immer wieder zur besinnlichen Zeit macht die Meldung vom Stromfresser Festbeleuchtung die Runde. In Deutschland würden Häuser, Plätze und Wohnungen in diesem Winter mit rund 9,5 Milliarden Lichtlein so hell wie noch nie im weihnachtlichen Lichtermeer erstrahlen, informiert ein Ökostromanbieter. Der Stromverbrauch würde auf 820 Millionen Kilowattstunden im Wert von 235 Millionen Euro klettern, sage und schreibe der Jahresverbrauch einer Großstadt mit 270.000 Haushalten.

Ich schließe mich da ganz den Empfehlungen des Bundesumweltamtes an: Lieber weniger Licht, mit kleinen und stromsparenden Lichterketten, trotz dunkler Jahreszeit. Und besser seinen Lieben Zeit schenken als Berge von Paketen unter den Weihnachtsbaum. Nicht vergessen: Beim Weihnachtsbaum-Kauf aufs Ökosiegel achten, in den Nadeln lauern nicht selten Gifte, und am besten vom lokalen Bauern oder Förster, das spart die lange und klimaschädliche Lkw-Anfahrt. Frohen Zweiten Advent!

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