Bleischwere Erleichterung
Katja Herzberg findet an Van der Bellens Sieg nur bedingt Gefallen
Im ersten Moment war die Erleichterung groß: Die Österreicher brachten es doch nicht fertig, erstmals in der Geschichte ihres Landes einen Rechtsradikalen zum Staatsoberhaupt zu machen. Daran haben vor allem die Kandidaten selbst ihren Anteil - mit Hetztiraden von FPÖler Norbert Hofer und Vernunftreden des Ex-Grünenchefs Alexander Van der Bellen -, aber auch die vielen Politiker und mehr oder weniger Prominenten, die sich gegen den Blauen ausgesprochen hatten.
Glaubt man den Umfragen, war für die Wähler jedoch nicht die »Angstmache«, von der nun ausgerechnet FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache schwadroniert, ausschlaggebend. Es war das Amtsverständnis der Österreicher von »ihrem« Bundespräsidenten. Offenbar ist die Mehrheit der Wähler eben nicht europafeindlich eingestellt und hofft auf einen überparteilichen Präsident Van der Bellen.
Klar ist aber auch, dass nicht Van der Bellen den Zaun zu Ungarn und Italien bauen muss - darum haben sich schon andere gekümmert. Die einstigen Volksparteien SPÖ und ÖVP machen längst FPÖ-Politik. Die Erleichterung über Van der Bellens Sieg wiegt denn auch bleischwer, führt man sich vor Augen, dass die FPÖ ihr bislang stärkstes Wahlergebnis erzielt hat. So wird sie trotz dieser Niederlage Österreich weiter mitregieren.
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