Gute Nacht, Liegewagen
Ab dem Fahrplanwechsel der Bahn gibt es deutlich weniger Nachtreisezüge
Die Deutsche Bahn (DB) setzt mit dem Fahrplanwechsel auf bestimmten internationalen Strecken mehr ICE-Züge aufs Gleis. Zwischen Frankfurt am Main und Brüssel werden künftig täglich mindestens sechs, freitags und sonntags sieben Zugpaare verkehren. Die Fahrt dauert rund drei Stunden. Mit der Verdichtung der Zahl der Direktverbindungen ist damit wenigstens im Wochenendverkehr ein durchgehender Zwei-Stunden-Takt hergestellt. Auch zwischen Frankfurt, Köln und Amsterdam wird künftig täglich ein zusätzliches Zugpaar verkehren. Und nach der vollständigen Inbetriebnahme einer französischen Neubaustrecke von Straßburg nach Paris kommen Bahnfahrer aus Süddeutschland künftig schneller an die Seine. Die Reisezeit beträgt ab Stuttgart drei Stunden und zehn Minuten.
Auch wenn sich Bahnkunden über bessere ICE-Verbindungen freuen können - sie müssen künftig wieder einmal tiefer in die Tasche greifen: So erhöht die DB die Ticketpreise im Fernverkehr durchschnittlich um 1,3 Prozent und im Nahverkehr um rund 1,9 Prozent.
Darüber hinaus wird das klassische Nachtzugangebot mit Schlaf- und Liegewagen (City Night Line) eingestellt. Gegen die Abbaupläne hatten betroffene DB-Beschäftigte, Bahnfreunde und Privatisierungskritiker jahrelang protestiert. Etliche von ihnen wollen nun auch in der Nacht zum Sonntag auf ihre Weise die Abfahrt des letzten herkömmlichen DB-Nachtzuges begleiten. Für ihre Aktion unter dem Motto »Mord am Nachtzug« am Berliner Hauptbahnhof erwarten Beschäftigte und Aktivisten des privatisierungskritischen Bündnisses »Bahn für Alle« prominente Unterstützung. So hat dem Vernehmen nach TV-Moderatorin Sandra Maischberger ihr Kommen zugesagt - sie nutzte bisher regelmäßig DB-Nachtzüge und ist daher von den Streichungen persönlich betroffen.
Auf den jeweiligen Strecken sollen künftig statt Schlaf- und Liegewagen reine IC- und ICE-Züge mit Sitzwagen verkehren. Zwischen Köln und Berlin wird der künftige IC 447 nach DB-Angaben indes »ohne gastronomisches Angebot« rollen. Auf einigen Strecken springen immerhin die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) ein. Doch auch hier sind Schwachpunkte sichtbar: So rollt in der Nacht zum Montag der erste ÖBB-»Nightjet« von Hamburg nach Zürich mit Umweg über Berlin - er ersetzt nämlich zwei bisher separat verkehrende DB-Nachtzüge. Damit stehen unterm Strich weniger Betten, Liegeplätze und Fahrradabstellplätze zur Verfügung. Zahlreiche nächtliche Zusteigemöglichkeiten, etwa in Hannover, Kassel, Leipzig und Erfurt, entfallen. Ob die ÖBB als neue Betreiber über 2017 hinaus Vergünstigungen für Inhaber der DB-Bahncard gewähren, ist fraglich. Das Personal in den Nachtzügen wird von dem ÖBB-Subunternehmen Newrest Wagons-Lits Austria GmbH gestellt und arbeitet zu deutlich schlechteren Tarifen als angestammte ÖBB- oder DB-Beschäftigte.
Mit dem neuen Fahrplan treten auch im Regionalverkehr etliche Änderungen in Kraft. Dabei wird es auch wieder zu einigen Betreiberwechseln kommen. Der spektakulärste dürfte das Comeback der DB Regio auf der Marschbahn von Hamburg nach Westerland (Sylt) sein. Die DB war hier 2005 in einer Ausschreibung des Landes Schleswig-Holstein erstmals von der Nord-Ostsee-Bahn (NOB), einem Ableger der französischen Transdev-Gruppe, verdrängt worden. Auf der vielgenutzten Strecke kam es aber in den vergangenen Monaten zeitweilig zu Chaos, nachdem die von der NOB genutzten Niederflur-Fahrzeuge aufgrund von Kupplungsproblemen aus dem Verkehr gezogen werden mussten. Ersatzfahrzeuge sind Mangelware. Der Notstand mit anhaltenden Zugausfällen auf der Marschbahn wurde auch für tausende Berufspendler zur besonderen Belastung. Aus der Not heraus wurden kurzfristig die IC-Züge der Deutschen Bahn nach Westerland für Inhaber von Nahverkehrstickets freigegeben. Die nordfriesische 1000-Einwohner-Gemeinde Klanxbüll kam dadurch zu der Ehre eines IC-Haltepunkts.
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