USA sorgen sich um digitale Infrastruktur

Hackerangriff auf Energieversorger zeigt grundsätzliche Schwächen im Sicherheitssystem

  • John Dyer, Boston
  • Lesedauer: 3 Min.

US-Behörden sind zunehmend um die Sicherheit von Stromversorgern besorgt. Auslöser war eine Schadsoftware russischer Hacker, die auf einem Computer eines Stromunternehmens aus dem Bundesstaat Vermont entdeckt worden ist. Das Heimatschutzministerium hatte den Fund am vergangenen Freitag bekanntgegeben. Die Schadsoftware mit dem Namen Grizzly Steppe hat das System des Burlington Electric Department jedoch nicht infiziert.

Die Verantwortlichen des Versorgers erklärten am Sonntag, dass ihr Unternehmen nicht das alleinige Ziel des mutmaßlichen Angriffs war. Die Bundesbehörden hätten ähnliche Vorgänge auch in anderen Teilen des Landes bemerkt.

Der Zeitpunkt des Fundes erregte Aufsehen, da Präsident Barack Obama zuvor neue Sanktionen gegen Russland durchgesetzt hatte, und russische Diplomaten wegen der angeblichen Manipulationsversuche der US-Präsidentschaftswahlen im November ausweisen ließ. »Dieser Angriff zeigt, wie zügellos die russischen Hacker sind«, meinte Peter Welch, demokratischer Abgeordnete des Repräsentantenhauses aus Vermont. »Sie werden überall zuschlagen, sogar in Vermont, um eine Gelegenheit zu nutzen, unserem Land zu schaden.«

Russische Hacker sollen Grizzly Steppe genutzt haben, um bei einem Angriff auf die demokratische Partei E-Mails zu entwenden, die der Plattform Wikileaks zugespielt wurden. Ihre Veröffentlichung hat Hillary Clinton im Präsidentschaftswahlkampf gegen Donald Trump geschadet. Heimatschutzministerium und Bundespolizei FBI verwiesen in einem Bericht auf ein anhaltendes Vorgehen sowohl ziviler als auch militärischer Geheimdienste aus Russland.

Der Kreml hat die Vorwürfe zurückgewiesen und russische Staatsmedien hinterfragten auch die Anschuldigungen bezüglich des Versorgers in Vermont. In den USA nehmen die Sorgen um einen Angriff auf die amerikanische Infrastruktur dennoch weiter zu. »Die Menschen aus Vermont und alle Amerikaner sollten besorgt und verärgert sein, dass einer der weltweit führenden Schurken, Wladimir Putin, versucht hat, unser Stromnetz zu hacken«, meinte Peter Shumlin, demokratischer Gouverneur von Vermont . Der Chef der National Security Agency und der Behörde United States Cyber Command, Admiral Michael Rogers, hat zudem gewarnt, dass ausländische Kräfte die US-Infrastruktur bereits auf Schwächen hin überprüft hätten.

»Es ist keine Überraschung, dass das jetzt passiert ist«, meint Mark Weatherford, der beim US-Unternehmen vArmor für Internetsicherheit verantwortlich ist. »Wenn irgendetwas mit dem Internet verbunden ist, wird sich das jemand anschauen und Zugang erlangen, wenn es möglich ist.«

Das US-Stromnetz ist grundsätzlich sehr komplex, so dass es kompliziert sei, es lahmzulegen, meint Weatherford. Daher bezweifelt er, dass ein einzelner Angriff auf einen Versorger in Vermont ausreichend sei, um große Schäden zu verursachen - auch wenn die Schadsoftware in der Lage ist, ein einzelnes Kraftwerk abzuschalten. Doch Technologiechef Todd O’Boyle von der in Massachusetts ansässigen Sicherheitsfirma Percipient Network meint, dass der jetzige Vorfall zeigt, dass die USA bei ihren Schutzmaßnahmen Nachholbedarf haben. Das Land müsse auf nationaler Ebene besser verstehen, was die Hacker eigentlich bezweckten. »Angriffe sind immer Teil eines Musters. Wir sollten anfangen, über diese Muster zu sprechen.«

Der künftige Präsident Donald Trump spielte den Vorfall und die mögliche russische Beteiligung dagegen herunter: »Ihr wollt, dass etwas wirklich unentdeckt bleibt?«, sagte er zu Reportern. »Dann schreibt es auf und verschickt es mit einem Kurier.«

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal