Europa ist mehr als Bologna

Lena Tietgen über die europäische Dimension der Hochschulproteste in Spanien

  • Lesedauer: 2 Min.

Der Soziologe Ulrich Beck sagt, dass derjenige über politische Macht verfügt, der die Entscheidungshoheit über die »Zulassung von Themen zur Öffentlichkeit« hat. Dementsprechend fordert Beck eine »Initiative, die in und für Europa überhaupt erst die Öffentlichkeit herstellt«.

Dem kann man nur zustimmen, denn eine europäische Öffentlichkeit wird dringend benötigt, um einen gemeinsamen Diskurs über ein Europa jenseits nationalstaatlichen Denkens überhaupt erst führen zu können. Exemplarisch für diese Lücke ist die fehlende gesamteuropäische Debatte über die Bildungspolitik in Spanien. Zwar wurde über die Proteste berichtet, aber eben nicht mit Fokus auf die Spannungen zwischen den wirtschaftsmächtigen Staaten der EU (z.B. Deutschland) und den unter deutscher Maßgabe betriebenen Austeritätspolitik leidenden Ländern wie Spanien und Griechenland.

Nur dann und wann, wenn es um die Abwanderung vornehmlich akademischer Arbeitskräfte ging, blickte auch die hiesige Politik gen Süden. Dabei könnten die von der europäischen Jugend getragene Protestbewegung zu einer Säule im Kampf um ein sozial-ökologisches und demokratisches Europa werden.

Dass der in Spanien ausgehandelte »Staatspakt zur Erziehung« zu einer Befriedung der Situation an den Unis führen wird, ist indes kaum anzunehmen. Zu sehr wird er im Dienste der ökonomischen Verwertbarkeit von Bildung stehen, die seit fast 20 Jahren mit dem Begriff des »Bologna-Prozesses« verbunden ist. Diese Proteste können vielleicht so viel Druck ausüben, dass es zu einem Einstieg in den Ausstieg aus der Bologna-Reform kommt. Europa ist mehr als Bologna.

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