Steinmeier wackelt - nicht das Prinzip

Vorwürfe im Fall Kurnaz verdichten sich / Rücktrittsforderungen an Minister werden deutlicher

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Nachdem das Auswärtige Amt am Freitag bestätigte, dass Frank-Walter Steinmeier (SPD) am 29. Oktober 2002 als Kanzleramtschef Teilnehmer der sogenannten Präsidentenrunde war, scheint ein Rücktritt des Ministers immer wahrscheinlicher. In der Runde wurden Vorkehrungen gegen die Rückführung des Guantanamo-Gefangenen Murat Kurnaz verabredet.
Berlin (ND-Heilig). Steinmeier selbst bringt sich mit seinen immer neuen Rechtfertigungserklärungen dem Rücktritt näher, meint Wolfgang Neskovic, der für die Linksfraktion im BND-CIA-Untersuchungsausschuss sitzt. Doch so notwendig dieser Amtsverzicht auch sein mag, er könne keinesfalls bewirken, dass danach »alles wieder in Ordnung ist«. Recherchen hätten gezeigt, »dass wir es in Deutschland mit einem Sicherheitsapparat zu tun haben, der sich in vielem von rechtsstaatlichem Denken und Handeln entfernt hat«. Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Max Stadler (FDP), verlangt von Steinmeier, die Öffentlichkeit im Fall Kurnaz nicht länger hinzuhalten: »Das Verwirrspiel muss ein Ende haben.« Es sei nicht akzeptabel, die Aussagen vor dem BND-Untersuchungsausschuss bis zum März hinauszuzögern. Auch von den Grünen ist Unmut zu vernehmen. Die jüngsten Vorwürfe gegen Steinmeier sowie eine ganze Reihe von höheren Bundes- und Landesbeamten belegen, dass die rot-grüne Regierung die von den USA im Jahr 2002 über inoffizielle Kanäle angebotene Rückführung von Kurnaz einvernehmlich hintertrieb. Man entzog dem unschuldig in US-Haft Sitzenden die Aufenthaltserlaubnis und bewirkte ein Einreiseverbot für die EU-Länder, die dem Schengen-Abkommen begetreten sind. Die »Berliner Zeitung« bezieht sich auf eine Vorlage vom 30. Oktober 2002 an Innenstaatssekretär Schapper. Sie habe mit dem Hinweis »Information Steinmeier« sowie Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz und Auswärtiges Amt geendet. Regierungssprecher Wilhelm be-kräftigte unterdessen, die Regierung sehe die Handlungsfähigkeit des Außenministers nicht beeinträchtigt.

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