Im Hamburger Hafen liegt Bayern vor Russland

Der drittgrößte europäische Seecontainer-Umschlagplatz sieht sich wieder auf Kurs - die Hinterlandanbindung per Bahn wird immer wichtiger

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.

Europas drittgrößter Hafen wächst wieder. Selbst ohne die anstehende Elbvertiefung. Vor allem im vierten Quartal des abgelaufenen Geschäftsjahres sei die Entwicklung »sehr positiv« gewesen, freute sich Axel Mattern, Co-Vorstand Hafen Hamburg Marketing (HHM), auf der Bilanzpressekonferenz in der Hansestadt. Der Containerumschlag nahm zuletzt um 4,1 Prozent zu. Der positive Trend »scheint weiter anzuhalten«, ist Mattern auch für 2017 außergewöhnlich optimistisch.

Insgesamt legte der Seegüterumschlag 2016 um 0,3 Prozent auf 138,2 Millionen Tonnen zu, trotz eines Einbruchs beim mengenmäßig wichtigen Getreideexport und Erdölprodukten. Vor allem der für Hamburg entscheidende Containerverkehr wuchs nach schwierigen Jahren um 1,0 Prozent. Im Vorjahr hatten die Schwäche der chinesischen Wirtschaft, das Embargo gegen Russland und die schwache Weltkonjunktur die Bilanz getrübt.

Inzwischen wächst das China-Geschäft wieder. Fast jede zweite Stahlbox (TEU), die an der Elbe umgeschlagen wird, geht von oder nach Asien. Erfreulich sei auch die Entwicklung Russlands mit einem Plus von 4,5 Prozent. »Russland nimmt trotz der unverändert geltenden Sanktionen wieder Rang zwei (2015: Rang drei) unter den wichtigsten Handelspartnern ein«, ist Ingo Egloff, der zweite Co-Vorsitzende des Hafenverbandes HHM, optimistisch. Die russische Wirtschaft habe auf Rezession und Rubel-Fall mit Billigangeboten etwa bei Holz und Papierprodukten reagiert. Und in diesem Jahr könnte Russland erstmals wieder wachsen. Zumindest statistisch. Allerdings weisen Skeptiker darauf hin, dass die Statistikmethode vom Wirtschaftsministerium in Moskau umgestellt wurde.

Auch der »Brexit« zeigt Spuren. In der Länderstatistik des Hamburger Hafens ist Großbritannien an die achte Stelle geklettert. Transportiert werden allerdings vornehmlich leere Container, da die Insel weit mehr im- als exportiert. Leercontainer sind zwar auch knapp, sind aber für die Hafenwirtschaft weniger lukrativ. Ein Drittel des gesamten Hafenumschlages wird in Hamburg weiterverarbeitet oder verbraucht.

Die Zahl der Großcontainerschiffe nahm weiter zu. »Der Trend der letzten Jahre setzt sich fort«, betonte Mattern. So fuhren 240 riesige Frachter mit einer Stellplatzkapazität von mindestens 14 000 TEU (Standardcontainer mit 20 Fuß Länge) die Elbe hoch - ein Plus von 60 Prozent. Die Fahrrinnenanpassung des Flusses sei daher »notwendig« für den Wirtschaftsstandort, sagte Hamburgs Wirtschaftsenator Frank Horch.

Zwar würden auch dann die Lastesel der Globalisierung nicht voll beladen nach Hamburg schippern, aber sie könnten ein- oder zweitausend zusätzliche Boxen laden und zudem mehr Gewicht. Derzeit werden etwas Massengüter der deutschen Papier- und Chemieindustrie aufgrund der Gewichtsprobleme nicht über Hamburg ausgeführt.

Die Konkurrenz zwischen den großen Seehäfen wird auch über die Hinterlandanbindung ausgetragen. Hamburg setzt noch stärker auf die Bahn. Die Hinterlandverkehre mit einbezogen liegen Bayern und Niedersachsen noch vor Russland beim Containerumschlag. So versprach der Hafenbeauftragte der DB Netz AG den zügigen Ausbau einiger Strecken in Bayern, die unter anderem für die Anbindung einer Chemiefabrik an den Hamburger Hafen wichtig seien. Der neue Bundesverkehrswegeplan stelle die Finanzierung sicher.

Etwa 400 Millionen Euro hat die Stadt selber in den letzten Jahren in die Ertüchtigung ihrer Hafenbahn investiert. Mittlerweile liegt die Bahn bei der Anzahl der transportierten Container im landseitigen Hinterlandverkehr vor dem Lkw. Das zahlt sich aus. So stellt der sauerländische Bierbrauer Warsteiner, der in 60 Länder liefert, nun mehrmals in der Woche einen Shuttlezug zusammen, erklärte der Technische Direktor der Brauerei, Ulrich Brendel. Den Sonderzug können andere regionale Industriefirmen zu »günstigen Konditionen und geringer Umweltbelastung« nutzen.

Andere Zeitungen gehören Millionären. Wir gehören Menschen wie Ihnen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.

Dank der Unterstützung unserer Community können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen ins Licht rücken, die sonst im Schatten bleiben
→ Stimmen Raum geben, die oft zum Schweigen gebracht werden
→ Desinformation mit Fakten begegnen
→ linke Perspektiven stärken und vertiefen

Mit »Freiwillig zahlen« tragen Sie solidarisch zur Finanzierung unserer Zeitung bei. Damit nd.bleibt.

- Anzeige -
- Anzeige -