Shoppen statt schuften

Japaner sollen Freitags eher frei bekommen

  • Natsuko Fukue, Tokio
  • Lesedauer: 2 Min.

Japans hart schuftende Arbeitnehmer sollen künftig jeden letzten Freitag im Monat schon um drei Uhr nachmittags ins Wochenende gehen - und in ihrer so gewonnenen Freizeit dann ordentlich Geld ausgeben. An diesem Freitag startete die von der Regierung unterstützte Kampagne namens »Super-Freitag«. Weiteres Ziel ist eine Änderung der Arbeitsmoral, unter der viele Beschäftigte des Landes körperlich und seelisch leiden: In Japan gilt als guter Arbeitnehmer, wer möglichst lange im Büro sitzt.

Ministerpräsident Shinzo Abe ging mit gutem Beispiel voran: Er verbrachte den Freitagnachmittag meditierend in einem Zen-Tempel in Tokio, abends war demnach ein Konzert geplant. Auch Regierungssprecher Yoshihide Suga betonte bei der freitäglichen Pressekonferenz, »sobald das hier beendet ist, werde ich etwas unternehmen«.

Zahlreiche Firmen boten Rabattaktionen an. Das erste Bier aus dem Hause der Brauerei Suntory etwa war in vielen Restaurant gratis, ein Dating-Service senkte die Aufnahmegebühr, eine Krebsvorsorgeuntersuchung gab es günstiger. Lange Jahre sinkender Preise haben die Japaner zu sehr vorsichtigen Konsumenten gemacht.

Tatsächlich dürfte der Rummel um den »Super-Freitag« aber größer sein als die tatsächlichen Auswirkungen. Nur sehr wenige Unternehmen geben ihren Beschäftigten tatsächlich einmal im Monat früher frei, wie eine Umfrage unter 1600 Beschäftigten ergab: Lediglich drei Prozent der Befragten sagten, sie würden vom »Super-Freitag« profitieren.

Wer dennoch früher gehen darf, muss die Freistunden am Freitagnachmittag meist später nacharbeiten oder als Urlaubstag einreichen. Der Telekommunikations- und Medienriese Softbank ist eins der wenigen Unternehmen, die den Angestellten das lange Wochenende ohne Lohn- und Freizeitabzug ermöglichen.

In Japan sind maximal 40 Stunden Erwerbsarbeit pro Woche gesetzlich vorgeschrieben, doch in vielen Unternehmen arbeiten die Beschäftigten deutlich länger. Immer noch gibt es jedes Jahr hunderte Fälle von Tod durch Überarbeitung, für das die Japaner sogar einen eigenen Begriff haben: karoshi. Einer Regierungsstudie zufolge arbeiten in jedem fünften Unternehmen des Lndes die Beschäftigten so lange, dass sie ihren vorzeitigen Tod riskieren. dpa/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal