Uni Greifswald hat zähen Namenspatron

Leitung will erneut über Arndt abstimmen lassen

  • Martina Rathke, Schwerin
  • Lesedauer: 3 Min.

Seit Januar ziehen sich tiefe Gräben durch die Greifswalder Bevölkerung: Nachdem der erweiterte Senat der Universität beschlossen hatte, den Hochschul-Namen »Ernst Moritz Arndt« abzulegen, spaltete sich die Hansestadt in Arndt-Befürworter und Arndt-Gegner. Nun steht fest: Die Uni darf den umstrittenen Namen so nicht ablegen. Das Bildungsministerium von Mecklenburg-Vorpommern stimmte einer entsprechenden Änderung der Grundordnung der Hochschule nicht zu. Das entsprechende Beschlussverfahren sei nicht rechtskonform gelaufen, begründete Ministerin Birgit Hesse (SPD) am Dienstag in Schwerin die Entscheidung. Vor der Beschlussfassung im erweiterten Senat hätte sich der engere Senat der Hochschule mit der Änderung der Grundordnung befassen müssen. Dies sei nicht erfolgt.

Die Universität erklärte, Hochschulleitung und Senat akzeptierten »natürlich« die Entscheidung. Der Senat könne nun jedoch die Abstimmung zur Namensänderung auf Antrag in der vom Landeshochschulgesetz vorgesehenen Form erneut durchführen. In einer Mitteilung hieß es, zum ersten Mal werde ein Verfahren beanstandet, »das seit 2011 (...) so praktiziert wurde und in der Vergangenheit bisher weder von den juristischen Kollegen im Senat (...) noch vom Ministerium beanstandet wurde«. Entscheidend sei, dass das Ministerium bestätigt habe, »dass die Universität berechtigt ist, ihren Namen in der Grundordnung festzulegen«. Wie ein Uni-Sprecher sagte, haben bereits mehrere Senatoren einen neuen Antrag zur Namens-Ablegung eingereicht.

Kritiker jubelten nach der Ministeriumsentscheidung: »Ich denke, die Universität ist jetzt gut beraten, innezuhalten und nicht sofort einen neuen Beschluss zu fällen«, sagte der CDU-Landtagsabgeordnete Egbert Liskow. Die Entscheidung gebe nun die Chance für ein gemeinsames Vorgehen von Stadt und Universität. Auch der LINKEN-Politiker Peter Multhauf hatte moniert, dass die Uni den Beschluss ohne Einbeziehung der Greifswalder Bevölkerung gefasst hatte. Die Hochschule, vornean Rektorin Hannelore Weber, hatte hingegen auf die Autonomie der Hochschule verwiesen.

Der Name des pommerschen Patrioten Arndt (1769-1860), der 1933 der Universität durch den damaligen preußischen Ministerpräsidenten Hermann Göring genehmigt war, stand seit 1990 mehrfach auf dem Prüfstand. Am heftigsten wurde 2009/10 über Arndt gestritten. Die erneute Abstimmung im Uni-Senat war im Frühjahr 2016 durch zwölf Senatoren - vorrangig aus dem studentischen Lager - initiiert worden, es wurde eine Namenskommission eingesetzt. Am 11. Januar, eine Woche vor der Entscheidung im erweiterten Senat, dem höchsten Universitätsgremium, hatte es eine hochschulöffentliche Anhörung gegeben. Am 18. Januar folgte dann der Beschluss mit der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit. Dies hatte zu Empörung in Teilen der Greifswalder Bevölkerung geführt. Alte und neue Rechte stellten sich auf die Seite der Arndt-Verfechter.

Arndt ist eine widersprüchliche Persönlichkeit. Er hatte Anfang des 19. Jahrhunderts gegen Napoleon und die Franzosen polemisiert und gilt als Verfechter der deutschen Einheit. Arndt hat auch antisemitische und nationalistische Schriften veröffentlicht. Die Nationalsozialisten sahen in ihm einen Vordenker. Zu DDR-Zeiten wurde hervorgehoben, dass Arndt mit seinen Schriften die Abschaffung der Leibeigenschaft 1806 in Pommern befördert hatte. Bundesweit sind Straßen, Plätze und auch Kasernen nach Arndt benannt. dpa/nd

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