Durchstarten mit Manitu

Ein Falkner im sächsischen Plauen tüftelt am virtuellen Vogelflug

  • Katrin Mädler, Plauen
  • Lesedauer: 3 Min.

Einmal mitfliegen auf dem Adlerrücken, kurz Halt machen in den Baumwipfeln und dann immer höher steigen ... Was für Menschen ein Traum ist, soll bald mit High-Tech quasi möglich sein. Daran tüftelt Hans-Peter Herrmann von der Falknerei Herrmann im sächsischen Plauen. Er hat seinem einjährigen Weißkopf-Seeadler Manitu ein kleines Geschirr gebastelt, mit einer 360-Grad-Kamera auf dem Rücken und Speicherplatz für eine Stunde. Da der junge Adler frei fliegen darf, seien die ersten Aufnahmen vielversprechend.

Über Virtual-Reality-Brillen (VR-Brillen) könnten Gäste mit auf Vogelflug gehen, so Herrmann. Damit verwirklichen die Plauener eine Zukunftsidee. Der Falkner hält sie für erforderlich, um mit seinem Geschäft zu bestehen. »Die wichtigste Aufgabe unserer Falknerei besteht darin, den Menschen die unglaublichen Talente der Tiere näher zu bringen«, erklärt der 34-Jährige.

Die Falknerei in Sachsen hat es nicht leicht, sagt Hartwig Gabriel vom Landesverband des Deutschen Falkenordens: »Falknerei bedeutete eigentlich Jagd. Die Hauptbeute der trainierten Greifvögel waren Wildkaninchen, Feldhasen und Fasane, deren Bestand ist stark zurückgegangen.« Schuld seien Krankheiten, aber auch die Monokulturen wie Raps- und Maisfelder. Heute spiele die Zucht von Greifvögeln eine größere Rolle, aber auch die Präsentation der Tiere werde immer wichtiger.

Herrmann muss noch Probleme lösen, damit seine Gäste virtuell mitfliegen können. Die Aufnahmen der Kamera sind umfangreich. Aber wie kommt die hohe Datenmenge unkompliziert in die VR-Brillen? »Techniker konnten nicht weiterhelfen, das ist Pionierarbeit, aber wir finden eine Lösung. Bisher muss ich die Aufnahmen auf ein Handy überspielen, das dann in die Brille gesteckt werden kann. Für mehrere hundert Besucher kann ich das noch nicht machen.« Irgendwann hofft er, live von Manitus Rücken senden zu können.

Wer erstmals durch die Brille schaut, sollte sich hinsetzen. »Das menschliche Gleichgewicht ist nicht darauf eingestellt, wenn sich der Vogel aus großer Höhe nach unten stürzt - oder für die Revierkämpfe in der Luft mit Krähen oder Bussarden. Das ist komplett anders als bisherige Flugshows, wo der Adler nur über die Köpfe der Zuschauer fliegt.« Die VR-Brille überträgt Daten aus allen Himmelsrichtungen: Vorn ist Manitus Kopf im Flug zu sehen, dreht sich der Brillenträger, sieht er den Himmel und unten den Erdboden.

Die Flüge auf Beuteattrappen, die viele Falkner in Shows vorführen, gibt es auch in der traditionellen Falknerei, sagt Gabriel: »Sie dienen zur Übung, um den Greifvogel fit zu bekommen.« Der eigentliche Jagdbetrieb lasse sich aber nur live bei einer echten Jagd miterleben. Auch in der Falknerei Herrmann werden bei Flugvorführungen keine Wildkaninchen mehr erlegt. Der Falkner will vielmehr aufklären: »Viele können einen Adler nicht von einem Falken oder Mäusebussard unterscheiden.«

Als gelernter Forstwirt hat Herrmann 2014 den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt. Die Besucherzahlen in seiner Falknerei liegen bei über 10 000 im Jahr - Tendenz steigend. Bei seinen 33 Vögeln steht im Moment Muskeltraining auf dem Programm. In den letzten Monaten durften sie wegen der Geflügelpest nicht raus, nun geht es unter Auflagen wieder aufwärts. Normalerweise schafft es ein Adler wie Manitu auf über fünf Kilometer Höhe. Untrainiert bleibt er knapp über den Baumwipfeln. dpa/nd

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