Wenn das Wasser versiegt

Der Klimawandel verschärft das Versorgungsproblem durch Häufung von Dürren und schmelzende Gletscher

  • Susanne Götze und 
Susanne Schwarz
  • Lesedauer: 3 Min.

Für äthiopische Hirten ist es schon der zweite Weltwassertag in Folge ohne Wasser. Auf den Viehmärkten des ostafrikanischen Landes versuchen sie, ihre Ziegen und Rinder möglichst schnell loszuwerden. Die dürren, knochigen Tiere werden bald verenden. Die Menschen haben kaum noch genug Wasser für sich selbst, geschweige denn für ihre Herden. Für die Hirten Äthiopiens ist das eine existenzielle Katastrophe. Innerhalb von wenigen Tagen verlieren sie ihren gesamten Besitz und müssen ihre Tiere zu niedrigen Preisen verschleudern.

Doch das ist erst der Anfang: Die eigentliche Katastrophe in Ostafrika beginnt erst in den kommenden Wochen. Das jedenfalls erwarten die Vereinten Nationen, deren neuer Generalsekretär António Guterres kürzlich vor einer neuen Hungerkatas-trophe warnte. Das Leben von 20 Millionen Menschen sei durch die Dürre bedroht. Besonders betroffen sind neben Äthiopien auch Somalia, Kenia, Nigeria, Teile von Uganda, Südsudan und Jemen.

Für Klimaforscher ist unstrittig, dass die Häufung von Dürren in vielen Teilen der Welt auch Folge der menschengemachten Erderwärmung ist: »Die Häufigkeit von Hitzewellen in großen Teilen Europas, Asiens und Australiens hat sich wahrscheinlich schon erhöht und an manchen Orten infolge menschlicher Einflüsse mehr als verdoppelt«, heißt es im aktuellen Fünften Sachstandsbericht des Weltklimarates IPCC. »In vielen Regionen haben veränderte Niederschlagsmuster sowie die Schmelze von Schnee und Eis die Quantität und Qualität des verfügbaren Wassers beeinträchtigt«, schreibt das Gremium der Klimawissenschaftler.

Vor wenigen Wochen kam ein internationales Forscherteam aus Großbritannien und Bolivien bei der Auswertung von Satellitenbildern zu dem Ergebnis, dass die Andengletscher im Hochland von Bolivien zwischen 1986 und 2014 um 43 Prozent geschrumpft sind. Bis Ende dieses Jahrhunderts werden die meisten der Gletscher verschwunden sein. Eines der Folgeprobleme: Dadurch wird sich die Trinkwassersituation der Großstädte La Paz und El Alto erheblich verschlechtern, die sich zu 15 Prozent aus dem Wasser der Gletscher versorgen.

Dass es Entwicklungsländer wie Bolivien oder Äthiopien besonders hart trifft, habe auch mit der sozialen Lage vor Ort zu tun, meint Fred Hattermann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. »In Afrika treffen Ausschläge im Wettergeschehen auf eine sehr verletzliche Gesellschaft, die kaum auf länger anhaltende Dürren vorbereitet ist«, erläutert der Geoökologe. »Eine entscheidende Rolle spielen instabile politische Verhältnisse, fehlende Infrastruktur und Missmanagement.«

Auch Deutschland wird infolge des Klimawandels mit Wasserproblemen zu kämpfen haben, allerdings hat die Bundesrepublik im Vergleich zu den Ländern des Südens viel größere Finanzpolster, um damit fertig zu werden. Dem Umweltbundesamt (UBA) zufolge dürfte es künftig vor allem in Teilen Ostdeutschlands zu Wassermangel und Dürren kommen. Auch die Bauern müssen sich dann anpassen. Außerdem werden manche Wasserstraßen im Sommer wohl zu flach für die Schifffahrt sein.

Bei solchen wirtschaftlichen Problemen wird es möglicherweise aber nicht bleiben. Obwohl zurzeit nur ein knappes Viertel der hiesigen Wasserressourcen genutzt wird und der tägliche Wasserverbrauch pro Kopf rückläufig ist, prognostiziert das UBA, dass es selbst hierzulande in nicht allzu Zukunft zu Problemen mit der Trinkwasserversorgung kommen kann.

Hinzu kommt, dass steigende Temperaturen sich negativ auf die Wasserqualität auswirken - auch dagegen ist Deutschland erst mal nicht gefeit. Wärmeres Wasser hat einen geringeren Sauerstoffgehalt, was sich nachteilig auf Tiere und Pflanzen auswirkt, die darin leben.

Mit dem Klimawandel häufen sich im Übrigen in vielen Teilen der Welt nicht nur Dürren, sondern auch das andere Extreme: Starkregen, Sturzfluten, Hochwasser. Für die Bundesrepublik geht der Deutsche Wetterdienst davon aus, dass Starkregenereignisse in den kommenden Jahrzehnten um bis zu 50 Prozent zunehmen werden. Punktuell gibt es dann plötzlich riesige Mengen an Wasser. Dass die Kanalisation schnell versagen kann, haben die schweren Unwetter im vergangenen Mai in Süddeutschland gezeigt. Mehrere Menschen kamen ums Leben, zahlreiche Häuser stürzten ein.

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