Durcheinander im Kinderland

LINKE-Fraktionschef kontert Vorwürfe um Vereinsamt

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Tätigkeit eines Vereins ist in Deutschland streng geregelt. Zu Angaben im Vereinsregister gibt es dabei ebenso klare Vorgaben wie zu Aufgaben einer Mitgliederversammlungen oder einzelner Vorstände. Die Theorie ist freilich das eine, der Alltag sieht in manch ehrenamtlich geführtem Verein anders aus. Im »Kinderland e.V.«, der in Bitterfeld-Wolfen die Kita »Pusteblume« betreibt, herrscht offenbar seit Jahren Durcheinander - was einen Verantwortlichen jetzt in seinem politischen Amt unter Druck setzt: Swen Knöchel, Fraktionschef der LINKEN in Sachsen-Anhalts Landtag.

Knöchel engagiert sich seit über 20 Jahren in dem Verein, der Ferienreisen für Kinder aus bedürftigen Familien organisiert. Ab dem Jahr 2000 führte er ehrenamtlich die Geschäfte der »Pusteblume«, seit 2004 war er Kassenwart in deren Trägerverein. In dem Amt soll er ab 2009 keine Steuererklärungen beim Finanzamt mehr abgegeben haben, wie ihm der ab 2015 amtierende Vorstand vorwirft. Er gibt dem Politiker die Schuld dafür, dass der Verein die Gemeinnützigkeit verloren hat, und zeigte ihn bei der Staatsanwaltschaft an - wie auch den LINKE-Stadtrat Hendrik Rohde. Diesem wird vorgeworfen, sich privat aus der Kasse des Vereins bedient zu haben. Rohde, seit 2016 als Wahlkreismitarbeiter der Landtagsabgeordneten Eva von Angern tätig, wurde deshalb von dieser Anfang des Monats beurlaubt. In seinem Fall ermittelt nach Angaben der »Mitteldeutschen Zeitung« die Staatsanwaltschaft. Im Fall Knöchels sei ein solcher Schritt noch offen.

Der Fraktionschef wies die Vorwürfe indes in zwei ausführlichen Erklärungen zurück. So merkte er an, dass Steuererklärungen erst nach der Bestätigung der Jahresabschlüsse auf einer Mitgliederversammlung beim Finanzamt eingereicht werden dürfen. Die letzte derartige Versammlung habe jedoch 2008 stattgefunden. Er habe auf das Problem hingewiesen, betont Knöchel, der vor seiner Wahl in den Landtag selbst als Prüfer bei einem Finanzamt gearbeitet hatte. Dennoch habe es »aus verschiedenen Gründen« danach keine Versammlung mehr gegeben. Im November 2015 kam ein neuer Vorstand ins Amt, und er gab die Verantwortung ab - eigentlich. Das neue Gremium hat es nach Angaben Knöchels freilich bisher unterlassen, die so genannte Bankberechtigung neu zu regeln - mit der Folge, dass sich Knöchel weiter um finanzielle Angelegenheiten des Vereins kümmert und etwa die Gehälter der Erzieherinnen in der Kita anweist.

Um so merkwürdiger mutet es an, dass der amtierende Vorstand offenbar Anzeige erstattete, ohne den Politiker zuvor anzuhören. Es sei »undenkbar« für ihn gewesen, dass »ohne jede Kontaktaufnahme« die Staatsanwaltschaft eingeschaltet werden könnte, hieß es in einer zweiten Erklärung Knöchels, mit der er einem Lügenvorwurf seitens der »Mitteldeutschen Zeitung« entgegen trat. Das Blatt gründete diesen auf die Beteuerung des Politikers, er habe von der Anzeige erst durch eine Presseanfrage Anfang dieser Woche erfahren, und die gleichzeitige Aussage seiner Stellvertreterin Eva von Angern, die ihren Fraktionschef nach Beurlaubung Rohdes auf einen möglichen Strafantrag auch gegen ihn hingewiesen haben will. Knöchel stellte klar, er habe prinzipiell von den Vorwürfen gewusst, nicht aber von einer bereits erstatteten Anzeige. CDU und AfD im Landtag setzen ihn indes unter Druck; letztere will gar den Sozialausschuss einschalten.

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