Eastside geht auf die 70 zu

Die Tischtennisfrauen aus dem Osten sind Berlins Team der Stunde

  • Klaus Weise
  • Lesedauer: 4 Min.

Am vergangenen Sonntag hat der TTC Berlin Eastside, Spitzenreiter der Frauenbundesliga im Tischtennis, am 13. von 16 Spieltagen der 1. Bundesliga das getan, was er eigentlich immer tut - und gewonnen. Gegner im Heimmatch war der Vierte SV Böblingen, der schnell 0:5 zurücklag und dann bis zum 2:6-Endergebnis noch etwas Ergebniskosmetik betreiben durfte. Es war der 65. Erfolg in Serie für die »Schmetterlinge« aus dem Ostteil der Stadt seit der letzten Niederlage am 24. Januar 2015 im Champions-League-Halbfinale gegen Fenerbahce Istanbul. Seitdem hat man alle von der Platte gefegt, die den Berlinerinnen vor die Kelle kamen. Übergreifend in allen gespielten Wettbewerben von der nationalen Meisterschaft über den DTTB-Pokal bis zur Champions League.

Dreimal hat Eastside seit 2012 Europas Königswettbewerb für sich entschieden, dreimal auch war man seit 2014 Deutscher Meister, viermal schon Pokalsieger - eine phänomenale Bilanz. Die kann - zumindest partiell kann man es schon jetzt mit Sicherheit verkünden - und wird in den kommenden Wochen weiter aufgestockt werden. Respektlos, aber voller Hochachtung darf man verkünden: Eastside geht auf die 70 zu. Denn Sieg Nummer 65 gegen Böblingen sollte am 7. April (18.30 Uhr) in eigener Halle der CL-Halbfinal-Rückspielerfolg gegen Linz AG Froschberg (Österreich) nach dem 3:2-Hinsieg folgen. Und danach die 66 (8.4. Bundesliga TUSEM Essen), 67 (23.4. Bundesliga Busenbach), 68 (30.4. Bundesliga Kolbermoor) - und das wäre das »Best-Case-Szenario«: zwei Finalspielsiege in den angestrebten CL-Endspielen.

Tischtennis ist ein Individualsport, der aber häufig zu einer besonderen Kräfteentfaltung gerade in den Teamwettbewerben führt, in die besagte Individuen ihre besonderen Talente auf besonders beeindruckende Weise einbringen. »Das hat unseren Verein immer ausgezeichnet und ist das Erfolgsunterpfand der vergangenen Jahre«, sagt TTC-Präsident Alexander Teichmann, der nicht müde wird zu betonen, wie sehr »die Chemie stimmt«

Immer wieder hat man es geschafft, Ausfälle durch Verletzungen, Krankheiten oder Formschwächen Einzelner zu kompensieren. Und das auf eine Weise, dass man aus den blanken Resultaten absolut nicht ablesen konnte, dass da irgendein Problem vorlag. »Es hört sich vielleicht komisch an, aber bei uns gilt tatsächlich das berühmte Musketiermotto: Eine(r) für alle, alle für ein(e)«, bekundet Teichmann und meint damit nicht nur die Aktiven an der Platte.

Dass das Teamkonstrukt in Berlin nicht nur mannschaftlichen, sondern auch den Erfolg der Einzelnen befördert, lässt sich leicht an quasi jeder Aktiven beweisen. Petrissa Solja, vor drei Jahren aus Linz zu Eastside gekommen und mit 23 Jahren in der mit Routine beladenen Tischtennis-Welt- und Europaspitze immer noch ein Youngster, ist Weltranglisten-13., ihre elf Jahre ältere Teamkollegin und Doppelpartnerin Xiaona Shan als 12. des Rankings einen Platz davor.

Ungarns Beste in der schnellen Schlagsportart, Georgina Pota (32 Jahre/WRL 31), seit 2008 Wahlberlinerin, ist das Urgestein im Team, gilt aber - und das lässt sich über Jahre hinweg nachweisen - als »Miss Zuverlässig« bei Eastside und hat der von Irina Palina seit Langem als Trainerin und Managerin geführten Mannschaft bereits in vielen Matches die entscheidenden Punkte gesichert. Deren Tochter Lilia hat übrigens vor Kurzem ihr Bundesligadebüt für Eastside gegeben.

Nicht zu vergessen, die Japanerin Yui Hamamoto, Nummer 23 der Weltrangliste, und die ihre erste Saison in Berlin spielende DTTB-Nachwuchsauswahlspielerin Chantal Mantz (20), die in kurzer Zeit zu wichtigen Mosaiksteinen im Eastside-Puzzle geworden sind. Auch wenn bei Berlins erfolgreichster Mannschaft mal »Not an der Frau« war und Akteurinnen aus dem Toptrio ausfielen, konnten sie ohne Probleme spielen, ohne dass eine Schwächung zu befürchten war. Die Erfolgsgeschichte des TTC Berlin Eastside dürfte also ziemlich ungebrochen weitergehen. Als Team und auch in den individuellen Auftritten der Spielerinnen. Bei der WM in Düsseldorf in diesem Jahr werden sie zahlreich vertreten sein - für Deutschland und andere Nationen. Die Chance, nach dem Championat eine Weltmeisterin vorweisen zu können, ist sogar auch gegeben. Den Petrissa Solja wird im Mixed mit dem Chinesen Fang Bo antreten und hat schon mal wissen lassen: »Ich habe Fang Bo gesagt, er soll trainieren, denn ich will Weltmeisterin werden!«

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