Mensch mit unbeschränkter Haftung
Stephan Fischer über die »unterversicherten« Atomkraftwerke
Die Nutzung von Kernenergie wird oft als »Hochrisikotechnologie« bezeichnet. Das ist trotz des alarmistischen Klangs verschleiernd und verharmlosend. Denn das Eintreten eines Risikos ist zumindest theoretisch kalkulierbar - ein Umstand, auf dem die Existenz von Versicherungen beruht und aus ihnen ein lohnendes Geschäft macht.
Unfälle in AKWs bis hin zum GAU betreffend herrschen jedoch Ungewissheit und Unwissen. Weder Eintrittswahrscheinlichkeit noch Schadenshöhen sind vorher bekannt oder berechenbar. AKWs stellen kein Risiko dar - ihre Gefahr ist bekannt, aber schlicht nicht kalkulierbar. Kein Wunder, dass jeder Versicherer die Hände davon lässt. Die wahren Kosten der Atomkraft werden mit ihren Langzeitfolgen auch 31 Jahre nach dem Reaktorunglück von Tschernobyl erst nach und nach sichtbar.
Rein monetär sind gesundheitliche Schäden an Mensch und Tier bis hin zur genetischen Veränderung oder die Verseuchung ganzer Landstriche bis hin zur Unbewohnbarkeit nicht auszudrücken, geschweige denn zu bekämpfen. Insofern ist es fast irrelevant, ob Versicherungsgrenzen für AKW-Unfälle im dreistelligen Millionen- oder Milliardenbereich liegen - die Haftung übernehmen Menschen und Natur mit ihrer gesamten Existenz. Unbeschränkt. Ihnen bleibt nur unversicherbare Verunsicherung.
Wir haben einen Preis. Aber keinen Gewinn.
Die »nd.Genossenschaft« gehört den Menschen, die sie ermöglichen: unseren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die mit ihrem Beitrag linken Journalismus für alle sichern: ohne Gewinnmaximierung, Medienkonzern oder Tech-Milliardär.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen sichtbar machen, die sonst untergehen
→ Stimmen Gehör verschaffen, die oft überhört werden
→ Desinformation Fakten entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und vertiefen
Jetzt »Freiwillig zahlen« und die Finanzierung unserer solidarischen Zeitung unterstützen. Damit nd.bleibt.