Games, Geld und Politik

Die Computerspielbranche präsentiert sich bei der »Gamesweek Berlin«

  • Felix von Rautenberg
  • Lesedauer: 3 Min.

»Unser Spiel wirft ethische Fragen auf, die den Gamer zum Denken anregen sollen. Rettet man als Roboter den Planeten und entscheidet sich für die Liebe, oder lässt man den Planeten ausbeuten?«, sagt Matt Rider. Der Spieleentwickler ist sichtlich ergriffen: Tränen laufen ihm über die Wangen, als er sein Computerspiel »Phoning Home« auf der Berliner Gamesweek vorstellt. Computerspiele seien sein Leben, Berlin sei seine Stadt, sagt er dem »nd«: »Unser Spiel ist in anderthalb Jahren zwischen Grunewald und Prenzlauer Berg entstanden.« Es thematisiere die Geschlechterfrage und sei eine Übung in Empathie und Hoffnung.

Seit Montag lädt das Festival seine Besucher zu Veranstaltungen in Kreuzberg, Friedrichshain und Lichtenberg rund um das Thema Computerspiele ein. Bis zum 30. April können die Besucher technische Innovationen ausprobieren, Entwickler kennenlernen oder Ausstellungen besuchen.

Ubisoft eröffnet Studio in Berlin

Berlin zählt derzeit rund 11.000 Beschäftigte in 1.500 Firmen der Computerspielbranche.

Der französische Spieleentwickler Ubisoft teilte am vergangenen Montag bei der Eröffnung der »Gamesweek« mit, ein erstes Entwicklerstudio seiner Tochterfirma Blue Byte in Berlin mit rund 50 Stellen schaffen zu wollen. Die einzige Niederlassung in Deutschland war bis dato in Düsseldorf. Die Zahl der Berliner Beschäftigten soll noch im kommenden Jahr anwachsen.

Ubisoft ist mit über 10 000 Beschäftigten einer der weltweit erfolgreichsten Spieleherausgeber. Der Konzern wurde durch Spiele wie »Anno«, »Die Siedler« oder »Assasin's Creed« international bekannt.

Noch in diesem Jahr will das Entwicklerstudio Blue Byte in Berlin international vermarktbare »Blockbuster-Games« produzieren.

Der Herstellungsleiter des Ubisoft-Studios Blue Byte, Istvan Tajnay, lobte den Standort Berlin als einen anregenden Ort für kreative Lebenskultur. Berlin habe das Potenzial, der nächste große Player im internationalen Branchenbetrieb der Computerspiele zu sein.

Das Medienboard Berlin-Brandenburg hatte das Festival 2007 zunächst als »Deutsche Gamestage« nach Berlin geholt. Seit 2014 nennt es sich International Games Week Berlin. Mit dem Motto »No games, no future« will sich die Branche in diesem Jahr auch als wichtiger Wirtschaftsfaktor präsentieren und die wachsende gesellschaftliche Bedeutung von Computerspielen in den Vordergrund rücken. Auf der Gamesweek sollen Spieleentwickler und Investoren zusammenkommen. Der Standort Berlin steht dabei im Fokus.

»Wir erwarten rund 50 000 Menschen, die hier spielen, sich vernetzen und Fragen diskutieren, die die Gamingbranche mit ihren ökonomischen Innovationen aufwirft«, sagt der Chef der Berliner Senatskanzlei Björn Böhning (SPD) bei seiner Eröffnungsrede am Montag in der Kreuzberger »Station Berlin«. Seinen Angaben zufolge taucht jeder zweite Deutsche regelmäßig auf dem Handy, dem Computer oder auf der Konsole in virtuelle Realitäten ab. Die Kreativstadt Berlin zählt rund 11 000 Beschäftigte in der deutschen Gamingbranche, die im vergangenen Jahr rund 2,9 Milliarden Euro Umsatz generierte.

Felix Falk, Geschäftsführer des Bundesverbandes Interaktive Unterhaltungssoftware, sagt: »Der Standort ist sehr attraktiv für Start-ups, doch wir brauchen Subventionen, die die Entwicklung und den globalen Export von Computerspielen ermöglichen.« Daher suche sein Verband den Dialog mit politischen Entscheidungsträgern.

Neben den öffentlichen Veranstaltungen zählen auch drei geschlossene Konferenzen für Vertreter aus Politik, Entwicklung und Wirtschaft zum Programm der Gamesweek. Der Kontakt zu den Nutzer ist den Entwicklern aber wichtig. Matt Rider: »Wir sind hier auf dem Festival, weil wir die Leute lachen sehen wollen. Es geht uns nicht ums Business, sondern darum, das zu machen, was wir lieben. Es geht um mehr als ums Geld.«

Auffallend wenige Frauen sind am Montagabend in der »Station Berlin«, obwohl das Festival doch als Diskussionsplattform der Innovationen fungieren und den sozialen Einfluss von Spielen thematisieren will. Der Anteil von Frauen unter den Nutzern liegt bei 50 Prozent. Das weitverbreitete Bild vom typischen - männlichen - Gamer ist überholt. In der öffentlichen Wahrnehmung ist das aber noch nicht angekommen. Damit sich das ändert, ist im Rahmen der öffentlichen Veranstaltungen ein Workshop speziell für Mädchen geplant, bei dem sie ihre eigenen Spiele programmieren können.

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