Werbung

Rutte lässt sich Zeit

Regierungsbildung in Niederlanden soll stabil sein

  • Fabian Busch, Den Haag
  • Lesedauer: 2 Min.

Das Schneckentempo ist bewusst gewählt. Rund zwei Monate nach den Wahlen in den Niederlanden stecken die vier Parteien, die die nächste Regierung bilden sollen, noch mitten in den Verhandlungen. Es soll langsam vorangehen, denn 2012 hatten Liberale und Sozialdemokraten für den Geschmack ihrer Anhänger allzu schnell die ideologischen Gräben überbrückt. Und zwischen den jetzt Verhandelnden sind diese Gräben ebenso tief.

Die Wahlen vom 15. März haben für eine nie da gewesene Zersplitterung im Haager Parlament gesorgt: 13 Parteien sind dort vertreten, mindestens vier für eine Mehrheit nötig. Deshalb verhandelt der amtierende Ministerpräsident Marc Rutte von der konservativ-liberalen VVD mit dem christdemokratischen CDA, den sozialliberalen Demokraten 66 und der Partei Grün-Links über eine ungleiche Koalition.

Eine Schlüsselrolle spielen dabei die Grünen. Sie haben in den Niederlanden noch nie mitregiert, an der Basis sind die Vorbehalte groß. Die Partei hatten ihren Stimmenanteil aber fast vervierfacht. Die anderen Partner scheinen bereit zu sein, ihnen weit entgegen zu kommen. Ende April verständigten sich die Umweltpolitiker der vier verhandelnden Parteien sowie der Sozialdemokraten und der Christen-Union bereits auf ein weitgehendes Maßnahmenpaket zum Klimaschutz: Nach 2025 sollen in den Niederlanden demnach keine Benzin- oder Dieselautos mehr verkauft werden dürfen. Bis 2050 soll der Ausstoß von klimaschädlichen Gasen im Vergleich zu 1990 um 95 Prozent sinken, außerdem wollen sie alle Kohlekraftwerke vom Netz nehmen - auch wenn noch umstritten ist, wie schnell.

Die Beschlüsse haben die Fachpolitiker in Form eines Kapitels für den künftigen Koalitionsvertrag verfasst. »Das ist ein überdeutliches Signal für die Regierungsbildung«, sagte der frühere Umweltminister Ed Nijpels von der VVD, die eigentlich als Auto-Partei bekannt ist.

Ob diese Vorschläge auch bei anderen Politikern Rückhalt finden, ist noch offen. Auch in anderen Bereichen vertreten die Parteien ungleiche Auffassungen: VVD und CDA fordern eine strengere Asylpolitik, Grüne und Sozialliberale sind dagegen. Die Demokraten 66 haben den Vorschlag eingebracht, Sterbehilfe auch gesunden Senioren zu ermöglichen, die ihr Leben als erfüllt betrachten - ein Unding für den CDA. Wenn die Koalition regieren will, müsste sie im Sommer den Haushalt für 2018 aufstellen.

Einer schaut bei der Regierungsbildung nur zu: Die Partei von Rechtspopulist Geert Wilders hatte 13 Prozent geschafft - deutlich weniger, als er sich erhofft hatte.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal