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Skandale nicht abgehakt

Deutsche-Bank-Spitze erwartet auf der Hauptversammlung scharfe Kritik

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.

Die »Deutschland AG« wird internationaler. Wenn die Aktionäre der Deutschen Bank auf der Hauptversammlung am Donnerstag in Frankfurt am Main einen Österreicher und einen Bundesbürger in den Aufsichtsrat wählen, stehen diese für den zunehmenden Einfluss ausländischer Investoren. Neben dem Wiener Vermögensverwalter Alexander Schütz wird auch der Kölner Rechtsanwalt Stefan Simon künftig vertreten sein, der der verlängerte Arm des früheren Ministerpräsidenten Katars, Hamad bin Jassim bin Jaber Al-Thani, ist. Al-Thani hält mit Familienangehörigen über eine in der Karibik ansässige Holding gut sieben Prozent der Anteile der Deutschen Bank.

Größter Aktionär ist seit Anfang Mai mit rund zehn Prozent das chinesische Unternehmen HNA. Dem Mischkonzern wird eine enge Verbindung mit der Regierung nachgesagt. Seine Anteile lässt HNA von einer Fondsgesellschaft auf den britischen Cayman Islands halten und von Schütz vertreten.

Fast die Hälfte der Deutsche-Bank-Aktien gehört ausländischem Kapital. Das ist typisch für die frühere »Deutschland AG«: Die Mehrheit der Stimmrechte aller 30 Großkonzerne im Deutschen Aktienindex (DAX) werden von internationalen Investoren vertreten. Durchschnittlich 54 Prozent der DAX-Aktien waren Ende 2016 in Händen ausländischer Anleger, ermittelte das Beratungsunternehmen EY. Das liegt am geringen Interesse deutscher Sparer an Aktien sowie zum anderen an der Neigung hiesiger Investoren, ihr Geld lieber außerhalb der Bundesrepublik anzulegen. Aktuell besitzen deutsche Anleger laut Bundesbank 8,3 Billionen Euro an Auslandsvermögen. Das ist weit mehr als das Doppelte der jährlichen Wirtschaftsleistung.

Bei der Deutschen Bank setzen die jahrelangen Milliardenverluste und Hunderte von Rechtsstreitigkeiten selbst den Aufsichtsratsvorsitzenden, Ex-Allianz-Vorstand Paul Achleitner, erheblich unter Druck. Aktionäre wollen nun erzwingen, dass die Rolle des Vorstandes und des Aufsichtsrates bei den diversen Skandalen vor, während und nach der Finanzkrise endlich genau durchleuchtet wird. Hinter diese Forderung haben sich sogar die einflussreichen US-Aktionärsvertreter Institutional Shareholder Services und Glass Lewis gestellt, die vornehmlich große Fondsgesellschaften vertreten.

Der kapitalkritische Dachverband der Kritischen Aktionäre will beantragen, die Mitglieder des Vorstandes um den Briten John Cryan nicht zu entlasten. Auch 2016 habe die systemrelevante Bank ihr selbst gestecktes Ziel verfehlt, eine zukunftsorientierte sowie ökologisch und sozial verantwortungsvolle Geschäftsstrategie einzuführen. Bemängelt wird, dass sich die Bank für umgerechnet fast 300 Millionen Euro mit Krediten an der umstrittenen »Dakota Access Pipeline« in den USA beteilige. Die Leitung für Fracking-Öl durchschneidet Land der Sioux, was weltweit für Aufsehen sorgte.

Kritik kommt auch von Nichtregierungsorganisationen. Facing Finance und Misereor werfen der Deutschen Bank in einer Studie vor, den Schweizer Bergbauriesen Glencore mit 1,2 Milliarden Euro zu unterstützen, obwohl dem Unternehmen in Argentinien, Bolivien, Kolumbien, Peru und Kongo Umweltverschmutzung, Menschenrechtsverletzungen sowie Steuervermeidung vorgeworfen werden. Die Deutsche Bank »vernachlässige« damit die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte.

Aufsichtsratsboss Achleitner dürfte sich dennoch zur Wiederwahl stellen. Er möchte am liebsten nur nach vorne schauen. Immerhin hat die Bank zuletzt einige milliardenschwere Vergleiche mit Strafbehörden geschlossen und die erfolgreiche Kapitalerhöhung über acht Milliarden Euro hat ihr wirtschaftlich wieder Spielraum verschafft. Da lässt es sich verkraften, die Anteilseigner mit einer Dividende von 0,19 Cent je Aktie zu beglücken. In der Summe schüttet die Bank an ihre Aktionäre fast 400 Millionen Euro aus.

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