Nahles: Hartz IV nicht für Armut verantwortlich

Agenda 2010 sei nicht das eigentliche Problem, sondern die Langzeitarbeitslosigkeit, behauptet die Bundesarbeitsministerin:

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Berlin. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) ärgert, dass für die Armut in Deutschland immer noch die Agenda 2010 der damaligen rot-grünen Regierung verantwortlich gemacht wird. »Mich stört, dass so getan wird, als sei das Armsein vor Hartz IV besser gewesen als heute«, sagte Nahles am Samstag auf dem evangelischen Kirchentag in Berlin. Nicht Hartz IV sei das Problem, sondern wie es gelinge, die Langzeitarbeitslosigkeit weiter zu verringern. Dafür sei ein öffentlich geförderter Beschäftigungssektor notwendig, weil Langzeitarbeitslose entweder gar keine Arbeit oder häufig nur kurzfristige, prekäre Jobs bekämen und dann wieder arbeitslos würden, führte Nahles aus. 100.000 öffentlich geförderte Jobs kosteten pro Jahr zwei Milliarden Euro, die Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) aber nicht zur Verfügung stelle: »Da haben wir noch nicht genug geschafft.«

Maria Loheide, Sozialpolitischer Vorstand der Diakonie Deutschland, kritisierte, beim Thema öffentlicher Beschäftigungssektor sei die Politik »kaum vorangekommen«. Die Sozialverbände kämpften seit Jahren für öffentliche Beschäftigungsmöglichkeiten. Es gebe Menschen, die keine Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt haben. Die gute Konjunktur sorge überdies dafür, dass die Armen weniger wahrgenommen würden als in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit, erklärte Loheide. Dabei bleibe die Zahl der in Armut lebenden Menschen in Deutschland in etwa stabil. Nahles und Loheide äußerten sich auf einem Podium des Kirchentags zu Armut und Ungleichheit in Deutschland und Chile vor dem Hintergrund der UN-Entwicklungsziele zur Überwindung der Armut.

Der 36. Deutsche Evangelische Kirchentag in Berlin und Wittenberg dauert noch bis Sonntag und endet mit einem Festgottesdienst unter freiem Himmel in Wittenberg, zu dem mehr als 100.000 Menschen erwartet werden. epd/nd

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