Warnstreik in der Waschmaschinenfabrik

Rund 150 Beschäftigte forderten einen Tarifvertrag, doch das Unternehmen winkt ab

Im Bosch-Siemens-Hausgerätewerk (BSH) in Nauen haben sich am Montag rund 150 Mitarbeiter an einem dreistündigen Warnstreik für kürzere Arbeitszeiten beteiligt. Dort werden jährlich mehrere Hunderttausende Waschmaschinen der Marken Bosch und Siemens hergestellt.

Derzeit liege die Wochenarbeitszeit bei 40 Stunden, in Werken im Westen mit Tarifbindung dagegen bei 35 Stunden pro Woche, sagte Stefanie Jahn, 1. Bevollmächtigte der Gewerkschaft IG Metall. Wegen flexibler Arbeitszeiten werde in Nauen zudem teils 50,5 Stunden pro Woche gearbeitet. Mitarbeiter versperrten mit Pappkartons eine Zufahrt zum Werk. »Die letzte Fabrik der BSH ohne Tarif!«, stand auf den Kisten. »Her mit dem Tarifvertrag«, hieß es auf einem Transparent. Demonstranten trugen zudem Schilder mit Aufschriften wie »Weniger Stress« oder »Mehr Freizeit«.

»Soweit wir wissen, standen die Bänder im Werk die drei Stunden lang still«, erklärte Stefanie Jahn nach dem Warnstreik. Zwei von der IG Metall vorgeschlagene Gesprächstermine habe das Unternehmen kategorisch abgelehnt. BSH weigere sich beharrlich, über einen Tarifvertrag zu verhandeln. Darum sei es nun zu dem Warnstreik gekommen. Für weitere Arbeitskampfmaßnahmen gebe es jedoch noch keine konkreten Pläne. Erst einmal gebe es am Donnerstag eine Betriebsversammlung, deren Verlauf die Gewerkschaft abwarten möchte.

Das Werk war 1994 von Bosch und Siemens in Betrieb genommen worden, heute gehört es komplett zu Bosch. Damals war für die Produktion von Trocknern ein Arbeitszeitmodell eingeführt worden, wonach im Winter länger als im Sommer gearbeitet werden sollte. Das Konzept gilt für die heutige Waschmaschinenproduktion laut IG Metall aber nicht mehr. Derzeit schwanke die Arbeitszeit unabhängig von der Saison. »Es ist ein Skandal«, meinte der Bundestagsabgeordnete Harald Petzold (LINKE). »Seit 23 Jahren gibt es den Standort, und seit 23 Jahren werden die Beschäftigten hingehalten.« Petzold hat schon selbst an die Konzernleitung geschrieben und gefragt, was das soll. Er hat nie eine Antwort erhalten. »Die weigern sich, obwohl sie mit Nauen richtig viel Geld verdienen«, rügte Petzold. Seit 2013 gibt es wegen des Tarifvertrags jedes Jahr einen Aktionstag der Belegschaft. Dieses Jahr wuchs sich der Aktionstag zu einem Warnstreik aus. »Das ist eine neue Qualität«, erklärte Petzold. In den vergangenen fünf Jahren ist der Bundestagsabgeordnete immer dazugekommen, so auch diesmal. Eine Unternehmenssprecherin betonte, Nauen sei der einzige BSH-Produktionsstandort für Waschmaschinen in Deutschland und stehe mit seinen weltweit angebotenen Produkten in einem besonders hart umkämpften Wettbewerb. Die Beschäftigungsbedingungen seien im regionalen Vergleich überdurchschnittlich gut, und die Vergütung liege auf Tarifniveau. Daneben biete das Unternehmen freiwillige Leistungen etwa für die Altersversorgung oder auch eine Erfolgsbeteiligung.

2016 machte die BSH GmbH mit 56 500 Mitarbeitern weltweit 12,6 Milliarden Euro Umsatz. Es gibt 41 Fertigungsstätten in Europa, Amerika und Asien. In Brandenburg kassierte das Unternehmen im Laufe der Jahre Fördermittel in Millionenhöhe und baute dennoch Personal ab. Im Jahr 2000 waren in der Fabrik in Nauen noch 734 Arbeiter beschäftigt. Jetzt sind es nur noch 480 Leute, die dort in drei Schichten arbeiten. Dabei ist zu bedenken, dass 2006 in Berlin-Spandau die Waschmaschinenproduktion der BSH mit 700 Jobs eingestellt und nach Nauen verlagert wurde. Am 34 Kilometer von Nauen entfernten Spandauer Standort befindet sich seither nur noch die Entwicklungsabteilung, die aber personell erheblich aufgestockt wurde, sodass hier inzwischen über 1000 Ingenieure tüfteln - und dafür Tariflohn erhalten. »Nauen ist weiterhin der Billigstandort«, bedauert Stefanie Jahn von der IG Metall. mit dpa

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