Ein Euro mehr pro Stunde

Bei der am Dienstag beginnenden Tarifrunde im Einzelhandel fordert ver.di 6,6 Prozent mehr Lohn für die Beschäftigten

  • Johanna Treblin
  • Lesedauer: 3 Min.

Am Dienstagmittag beginnt in Berlin die Tarifrunde für die Beschäftigten des Berliner und Brandenburger Einzelhandels. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di fordert für die rund 230 000 Beschäftigten deutlich mehr Lohn: Pro Stunde sollen sie einen Euro mehr erhalten. Das wäre ein Zuwachs von etwa 6,6 Prozent. Die Gewerkschaft fordert auch bessere Ausbildungsvergütungen. Ver.di-Verhandlungsführerin Erika Ritter geht von schwierigen Verhandlungen aus. »Wir werden uns vermutlich heftig mit den Arbeitgebern streiten.« Ritter nimmt an, dass der Handelsverband Berlin-Brandenburg ein ähnliches Angebot auf den Tisch legen wird wie sein Pendant in Baden-Württemberg. Dort wollen die Arbeitgeber nach zwei Nullmonaten die Vergütungen um 1,5 Prozent und im Jahr 2018 um ein Prozent erhöhen. »Das würden wir natürlich ablehnen. Wir werden keine Almosen annehmen«, sagt Ritter. Wenigstens die Inflationsrate von zwei Prozent muss ihrer Ansicht nach ausgeglichen werden.

Daneben fordert ver.di in Berlin und Brandenburg eine Angleichung der Löhne in Ost und West. Bisher verdienen selbst innerhalb Berlins Mitarbeiter im Einzelhandel im Osten immer noch weniger als im Westen. Das soll nach bisherigen Vereinbarungen bis zum 1. Januar 2018 vereinheitlicht werden. Unterschiede gibt es aber über den Zeitpunkt hinaus weiterhin zwischen dem Berliner und dem Brandenburger Tarifvertrag. So erhält eine Verkäuferin in Brandenburg aktuell pro Jahr etwa 420 Euro brutto weniger als eine vergleichbare Beschäftigte in Berlin.

Im Detail heißt das: Im 1. bis 4. Berufsjahr erhalten Verkäufer zurzeit 1948 Euro brutto. Mit jährlichen Steigerungen kommen sie nach dem siebenten Berufsjahr auf 2434 Euro. Pro Stunde sind das in Westberlin zwischen 12,16 und 15,21 Euro. In Brandenburg und Ostberlin sind es 11,81 bis 14,75 Euro. In Westberlin müssen Verkäufer 37 Stunden pro Woche arbeiten, in Brandenburg und Ostberlin 38 Stunden.

Der aktuelle Tarifvertrag ist zum 30. Juni gekündigt. Die Laufzeit des Tarifvertrages soll nach Vorstellungen der Gewerkschaft zehn Monate betragen. Die Verhandlungen für die insgesamt 231 000 Beschäftigten im Einzelhandel in Berlin und Brandenburg - davon in Berlin 147 000 und in Brandenburg 84 000 - führt ver.di ab Dienstag mit dem Handelsverband Berlin-Brandenburg. Wie lange sie andauern werden, ist noch nicht vorauszusehen.

Zeitgleich laufen auch in anderen Bundesländern Tarifverhandlungen für die Branche. In Hamburg, Bayern und Baden-Württemberg haben die Arbeitgeber bereits Angebote unterbreitet. Die Positionen von Arbeitgebern und Gewerkschaft liegen weit auseinander. In Nordrhein-Westfalen hat ver.di bereits mit Streiks gedroht. Auch in Berlin und Brandenburg könnte es dazu kommen. »Wenn die Arbeitgeber kein vernünftiges Angebot auf den Tisch legen, ist das eine Option«, sagt Ritter.

Der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Berlin-Brandenburg, Nils Busch-Petersen, zeigte sich optimistisch, auf sachlicher Ebene mit ver.di Kompromisse finden zu können. Zugleich wies er darauf hin, dass der Einzelhandel gerade auf dem Land zu kämpfen habe und dort die Situation nicht so gut sei wie in großen Städten.

Am 7. Juni beginnen auch Tarifverhandlungen mit Zalando in Brieselang. mit dpa

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