Verurteilung im »Fall Lisa«

21 Monate Haft wegen schweren sexuellen Missbrauchs

  • Alexander Isele und Jana Klein
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Prozess um den »Fall Lisa« hat am Donnerstag mit einer geringen Bewährungsstrafe von 21 Monaten ein rasches Ende gefunden. Vor Gericht gab der Angeklagte zu, mit dem Mädchen Geschlechtsverkehr vollzogen zu haben. Der Fall hatte insbesondere unter Russlanddeutschen für Aufsehen gesorgt. Das Mädchen war wegen schulischer Probleme nicht nach Hause zurückgekehrt und hatte später eine Entführung und Vergewaltigung erfunden. Dass die Polizei dieser Aussage keinen Glauben schenken wollte, war in russischen Medien als politisch gewollte Vertuschung kommentiert worden. Bei den weiteren Ermittlungen stieß die Polizei auf ein Handyvideo, das den Missbrauch durch den nun verurteilten Täter zeigt.

Dass das Mädchen erst 13 Jahre alt und damit zum Tatzeitpunkt nicht einwilligungsfähig war, habe der Angeklagte wissen können. Dies räumte er vor Gericht selbst ein. Zwar sieht das Gesetz vor, schweren sexuellen Missbrauch von Kindern durch Täter über 18 Jahren sowie das Anfertigen von Videomaterial »nicht unter zwei Jahren« zu bestrafen. Doch der Richter unterschritt diese Schwelle mit der Begründung, der Täter sei von Beginn an geständig und kooperativ gewesen. So wurde es der Betroffenen erspart, vor Gericht auszusagen. Zudem muss der nicht vorbestrafte Mann 3000 Euro an einen Hilfsfonds zahlen, der dem Täter-Opfer-Ausgleich dient. Die Strafe ist für vier Jahre zur Bewährung ausgesetzt.

Im Januar 2016 war die Geschädigte von den Eltern für etwa 30 Stunden vermisst worden. Um ihr Fernbleiben zu rechtfertigen, behauptete sie, von drei Migranten entführt, weggesperrt und vergewaltigt worden zu sein. In den Befragungen durch die Polizei verwickelte sich das Mädchen mehrfach in Widersprüche. Letztlich gestand es, sich bei einem Bekannten aufgehalten zu haben. Im Zuge der Ermittlungen fand die Polizei das Video des nun Verurteilten 24-Jährigen.

In sozialen Netzwerken wurde der Fall als Beleg für eine scheinbar ansteigende Kriminalitätsrate im Zuge des Ansteigens der Flüchtlingszahlen 2015 gewertet. Die NPD nutzte die erlogene Entführung und Vergewaltigung aus, um gegen Flüchtlinge zu hetzen. In russischen Medien wurden die deutschen Behörden kritisiert und ihnen vorgeworfen, Russlanddeutsche zu diskriminieren. Selbst der russische Außenminister Sergej Lawrow meldete sich zu Wort.

Sergej Dankwart, der Anwalt der als Nebenklägerin auftretenden Betroffenen, lehnte es nach dem Urteil ab, mit deutschen Medien zu sprechen. Bei dem eintägigen Prozess am Dienstag waren auch Vertreter mehrerer russischer Medien anwesend.

Noch vor der Verlesung der Anklageschrift schloss der Vorsitzende Richter die Öffentlichkeit vom Prozess aus. Der Richter folgte damit dem Antrag Dankwarts, die schutzwürdigen Persönlichkeitsrechte der heute 15-Jährigen über das öffentliche Interesse an dem Fall zu stellen.

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