Republikaner starten neuen Anlauf gegen Obamacare

Republikaner nach wie vor uneins über Abschaffung von Gesundheitsreform / Früherer US-Präsident verteidigt sein Projekt in leidenschaftlichem Facebook-Post

  • Lesedauer: 3 Min.

Washington. In ihrem Streit über die Zukunft von »Obamacare« haben die Republikaner von US-Präsident Donald Trump einen neuen Anlauf zu einer Gesetzesänderung unternommen. Die republikanische Führung im Senat stellte am Donnerstag einen eigenen Gesetzesentwurf vor, der das unter dem früheren Präsidenten Barack Obama eingeführte Krankenversicherungssystem ersetzen soll. Über das Ausmaß der Änderungen sind sich die Republikaner uneins. Trump hatte im Wahlkampf die Abschaffung versprochen.

Die Einschnitte in die allgemeine Gesundheitsversorgung gehen in dem nun vorgelegten Gesetzentwurf nicht ganz so weit wie in dem Plan, den das Repräsentantenhaus vor einigen Wochen verabschiedet hatte. Völlig unklar ist aber, ob der Senat den Entwurf in der vorliegenden Form verabschieden wird.

Zwar verfügen die Republikaner in der Kongresskammer über eine knappe Mehrheit von 52 der 100 Sitze. Doch erklärten vier Senatoren des erzkonservativen Parteiflügels bereits kurz nach Vorstellung der Pläne, dass sie den Entwurf in der jetzigen Fassung nicht billigen könnten. Ihnen gehen die Sparmaßnahmen nicht weit genug, sie wollen möglichst viele Teile von Obamacare abschaffen. Mindestens drei weitere Republikaner äußerten offen Bedenken.

In jedem Falle müsste der Reformplan, sollte er vom Senat verabschiedet werden, noch mit dem Entwurf des Repräsentantenhauses auf eine Linie gebracht werden. Der würde nach einer Schätzung des parteiunabhängigen Rechnungshofs des Kongresses dazu führen, dass bis zum Jahr 2026 insgesamt 23 Millionen mehr US-Bürger keine Krankenversicherung mehr haben. Für den Plan des Senats liegt eine solche Schätzung noch nicht vor.

Der hinter verschlossenen Türen von nur einer Handvoll Senatoren ausgetüftelte Gesetzentwurf mildert einige Härten etwas ab, die im Plan des Repräsentantenhauses vorgesehen sind. So sollen etwa Steuervergünstigungen für einkommensschwache Bürger, die den Erwerb einer Krankenversicherung ermöglichen sollen, für eine Übergangszeit von mindestens zwei Jahren weiterhin gewährt werden.

Allerdings sieht auch der neue Plan drastische Einschnitte vor, etwa bei Medicaid, der staatlichen Krankenversicherung für Arme. Auch sollen die Bundesmittel für Planned Parenthood, einer im ganzen Land tätigen Organisation für Familienplanung, Sexualmedizin und Gynäkologie, gestrichen werden.

Der Chef der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, zeigte sich offen für Veränderungen an dem Entwurf. Er wolle jedoch bis Ende Juni ein abschließendes Votum der Kammer herbeiführen. Trump begrüßte den Plan. Er werde zu einem »sehr guten« Ergebnis führen, sagte er. »Denkt daran, Obamacare ist tot«, schrieb er später beim Kurzbotschaftendienst Twitter.

Der Anführer der oppositionellen Demokraten im Senat, Chuck Schumer, geißelte das Vorhaben als »herzlos«. Es werde jene Bürger des Gesundheitsschutzes berauben, die am stärksten darauf angewiesen seien.

Im Repräsentantenhaus war es den Republikanern nur unter größten Anstrengungen gelungen, sich auf einen Plan für den Ersatz von »Obamacare« zu einigen. Ein erster Anlauf zur Verabschiedung des Gesundheitsgesetzes scheiterte, weil einigen Republikanern die Pläne zu weit und anderen nicht weit genug gingen. Erst nach einigen Veränderungen wurde der Plan dann mit knapper Mehrheit durchgeboxt.

Trump zieht gegen »Obamacare« zu Felde, weil das System angeblich zu hohe Kosten für Steuerzahler und Versicherte verursacht. Die von den Republikanern von Anfang an bekämpfte Gesundheitsreform ist eine der größten Hinterlassenschaften Obamas. Über »Obamacare« sind 20 Millionen Bürger krankenversichert, der Anteil der US-Bürger ohne Absicherung sank von 16 auf neun Prozent.

Der Ex-Präsident sprach am Donnerstag von einem »massiven Transfer von Reichtum von Mittelklasse- und armen Familien« hin zu den Reichen. Das jetzige System werde dadurch »ruiniert«, schrieb Obama bei Facebook. Agenturen/nd

App »nd.Digital«

In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal