Regieren lohnt sich

Für ein Sommerfest in Berlin nehmen die Grünen Zuwendungen von Konzernen an, die nicht zum Selbstbild der Partei passen

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.

In Berlin hat die parlamentarische Pause begonnen und die Zeit der Sommerfeste ist eröffnet. Bei diesen Veranstaltungen wollen Menschen aus dem Politikbetrieb vor allem ihre Kontakte und Netzwerke erweitern. Dafür muss der Rahmen stimmen und das kostet eine Menge Geld. In der Regel werden deswegen Sponsoren einbezogen. Wer die Geldgeber sind, erfährt die Öffentlichkeit jedoch in vielen Fällen nicht. Einnahmen aus Sponsoring müssen von den Parteien im Rechenschaftsbericht nicht gesondert ausgewiesen werden. Die Transparenz beruht also oft auf Freiwilligkeit.

Landesregierungen haben sich eigene Regelungen zum Sponsoring gegeben. So veröffentlicht Baden-Württemberg die Sponsorenliste der alljährlich in ihrer Berliner Landesvertretung stattfindenden Stallwächterparty im Internet. Im Jahr 2014 war die Aufregung groß, weil auch der Waffenhersteller Diehl einen vierstelligen Betrag für das Fest der damaligen grün-roten Koalition gezahlt hatte. Die Veranstalter strichen den Konzern in den Folgejahren von der Liste und es kehrte wieder Ruhe um die Stallwächterparty ein.

Auf andere dubiose Sponsoren wollten die Baden-Württemberger allerdings nicht verzichten. Sie haben in diesem Jahr insgesamt 220 000 Euro für ihr pompöses Fest zusammenbekommen. Davon tragen die Sponsoren den Großteil. Hinzu kommen Sachleistungen von Sponsoren, die Getränke, Speisen und Technik im Wert von insgesamt rund 147 000 Euro bereitstellen. Das restliche Geld kommt aus dem Landeshaushalt von Grün-Schwarz. Die Daimler AG wird für die am Donnerstag stattfindende Stallwächterparty 20 000 Euro zahlen. Bei den Grünen sind solche Zahlungen kein Grund mehr für interne Debatten, sondern sie gehören zur Normalität. Der Konzern, der seine Militärfahrzeuge in den vergangenen Jahren unter anderem in Krisengebiete im Nahen Osten exportiert hat, lässt der Ökopartei auch immer wieder großzügige Spenden zukommen. Die Stuttgarter Unternehmensspitze hat ausgezeichnete Kontakte zum Grünen-Regierungschef Winfried Kretschmann.

Größter Sponsor der Stallwächterparty ist in diesem Jahr die ebenfalls in Baden-Württemberg ansässige Lidl Dienstleistung GmbH. Die Geldleistung der Neckarsulmer beträgt 15 000 Euro. Hinzu kommen Sachleistungen im Wert von 17 500 Euro. Der Discounter Lidl will seit einiger Zeit vom Image des billigen Angestelltenschinders wegkommen. Doch es werden immer wieder Vorwürfe gegen ihn erhoben. Kürzlich hatte die Hilfsorganisation Oxfam kritisiert, dass Bananen aus deutschen Supermärkten noch immer unter schlechten Bedingungen angebaut werden. Dabei bezog sich Oxfam auch auf Berichte der ecuadorianischen Gewerkschaft Astac. Im Fokus standen Plantagen, die Lidl belieferten. Dort würden Rechte der Arbeiter verletzt und die Umwelt geschädigt. Die Löhne reichten nicht, um die Lebensgrundlage zu sichern, es würden hochgiftige Chemikalien ohne ausreichenden Schutz verwendet und Gewerkschaftsaktivitäten unterbunden.

Solche Berichte passen nicht zu dem von den Grünen oft betonten Einsatz für »fair trade«. Doch dieses Engagement hat offensichtlich dort Grenzen, wo es um eigene finanzielle Interessen geht.

Die Kooperation mit Daimler und Lidl ist auch deswegen bedenklich, weil Sponsoring an eine Gegenleistung geknüpft ist. Der Sponsor darf etwa bei Veranstaltungen oder in Medien des Gesponserten für sich werben. Zuweilen bekommt er dadurch Kontakt zu Entscheidungsträgern.

Daran hat auch die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) Interesse. Die vom Verband Gesamtmetall gegründete Lobbyorganisation beteiligt sich mit einer Geld- und Sachleistung in Höhe von jeweils 1000 Euro an der Stallwächterparty. Die INSM steht für einen Kapitalismus ohne größere Einschränkungen. Sie fordert etwa radikale Steuersenkungen, die zulasten des Sozialstaates gehen würden. Nicht nur zur CDU, sondern auch zu manchen Grünen hat die INSM einen guten Draht. Anfang Juni zitierte die »Südwest Presse« nach einem Auftritt von Kretschmann bei der neoliberalen Organisation einen Lobbyisten, der den Ministerpräsidenten mit den Worten lobte: »Der ist ja fast einer von uns.«

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