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Folgt Moncada auf Castro?
Bei den Präsidentschaftswahlen in Honduras steht die regierende Linke auf dem Prüfstand
Donny Reyes ist skeptisch, denn das Ambiente in Tegucigalpa ist angespannt. »Die Anhänger der drei maßgeblichen Parteien begegnen sich fast feindlich, werfen sich seit Wochen gegenseitig vor, einen Wahlbetrug vorzubereiten. Das ist toxisch«, so der Koordinator der queeren Menschenrechtsorganisation Arcoíris. Die Einschätzung teilt auch die Journalistin Dina Meza, die zu Menschenrechten arbeitet und der die Ankündigung der Militärs Sorgen macht, die Wahlen als auch die militanten Komitees der Parteien beobachten zu wollen. »Die Militärs haben von den Wahlbehörden Informationen angefordert, das geht zu weit«, kritisiert Meza.
Die Militärs sind in den vergangenen vier Jahren unter Präsidentin Xiomara Castro zum mächtigsten Akteur in Honduras geworden. Sie patrouillieren im öffentlichen Raum, ihnen sind die Gefängnisse unterstellt. De facto sind sie es, die den seit Dezember 2022 geltenden Ausnahmezustand in vielen Gemeinden martialisch durchsetzen und gegen die kriminellen Banden, die Maras, vorgehen. Mehr Sicherheit hat das nicht unbedingt gebracht. »Zumindest nicht für Journalist*innen, Umweltaktivist*innen oder queere Menschen in Honduras«, sagt Meza mit ironischer Miene. »Hier funktioniert der Schutzmechanismus nicht«, kritisiert Meza, macht dafür fehlende Etats, mangelnde Expertise und mieses Management verantwortlich. Dabei hatte sich Castro in ihrer Antrittsrede vor fast vier Jahren explizit für die Wahrung der Menschenrechte ausgesprochen.
Verbesserung der Infrastruktur
Die Regierung Castro hat die Infrastruktur aufgehübscht. In und um Tegucigalpa wurden Straßen repariert, etliche ausgebaut und weitere neu gebaut. Die soziale Situation hat sich verbessert. In Schulen und Hospitäler floss viel Geld. Zudem hat die öffentliche Investitionsspritze auch dazu geführt, dass Jobs entstanden und die Auswanderungswelle abflachte. Letzteres ist alternativlos angesichts des Drucks der USA, die nach Honduras genauso wie nach Guatemala abschieben. Reintegration ist alles andere als einfach und eine Herausforderung für die kommende Regierung.
Wer diese anführt, wird an diesem Sonntag entschieden. Es gibt in Honduras nur einen Wahlgang und der Sieger oder die Siegerin wird Präsident oder Präsidentin. Rixi Moncada, die als kompetente Technokratin bekannt ist, tritt für die linke Partei Libre an, der auch die amtierende Präsidentin Castro angehört. Aussichtsreich sind außer ihr zwei Kandidaten: der ehemalige Bürgermeister von Tegucigalpa, Nasry Asfura, von der Nationalen Partei und der Fernsehmoderator Salvador Nasralla von der Liberalen Partei.
Langer Rückweg zur Demokratie
Die Wahlbeobachter*innen sind bereits von UN-Organisationen gewarnt worden, dass das Land extrem polarisiert sei. Dafür tragen Politiker wie Nasralla und Asfura Mitverantwortung, kritisiert der Jesuitenpfarrer Ismael Moreno Soto aus der Provinzstadt El Progreso. Aber auch die Regierungspartei Libre trage dazu einiges bei, meint der Padre, der sich mehr erhofft hat von der linken Präsidentin Castro. »Ihr Versprechen, den extrem umstrittenen Bergbausektor des Landes stillzulegen, hat sich genauso wenig erfüllt wie die anvisierten Reformen im Justizsektor.« Das lag an den Widerständen im Parlament vor allem von der Nationalen Partei, aber eben nicht nur. »Immerhin sind wir weiterhin auf Kurs von der Narco-Diktatur des Ex-Präsidenten Juan Orlando Hernández zurück zur Demokratie. Das ist ein schwieriger Prozess und der dauert«, meint der Padre. Er leitete lange einen Radiosender in El Progreso, einer Mittelstadt nahe der Industriemetropole San Pedro Sula.
Hernández, in den USA zu einer 45-jährigen Haftstrafe wegen Drogenschmuggels und anderen Delikten verurteilt, hatte den ganzen Staatsapparat dem Drogen-Schwarzmarkt unterstellt. Das weiß auch Moreno Soto, der sich politische Stabilität in dem überaus fragilen Land wünscht, in dem die Politiker nicht immer im Dienst der Bevölkerung unterwegs sind, sondern oft an das eigene Konto denken. Korruption ist ein zentrales Problem des mittelamerikanischen Landes mit etwas mehr als zehn Millionen Einwohner*innen. Dagegen vorzugehen, setzt einen langen Atem, viel Mut und eine funktionierende Justiz voraus. Davon ist Honduras noch ein gutes Stück entfernt – immerhin hat Xiomara Castro das Land auf den Weg dahin zurückgeführt.
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