»Helmi« auf Reisen

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Florian Loyckes Hamlet wird extrem verzweifelt sein, vielleicht wird er Damenunterwäsche tragen, Trompete spielen und traurige Liebeslieder singen. »Wir werden Hamlet stark auf das koreanische Publikum zuschneiden - eine Mischung aus Stummfilm und Graphic Novel«, sagt der Regisseur, Schauspieler und Mitgründer des Puppentheaters »Das Helmi«, das zum Ballhaus Ost gehört. Auf Einladung des koreanischen Theater-Gurus Youn-Taek Lee alias Master Lee und dessen Tochter Chaekyung Lee Taek wird Loycke mit der Tänzerin Dasniya Sommer beim Gijang Festival ein »Hamlet«-Solo inszenieren. Premiere ist am 31. Juli, danach geht es zum Miryang und zum Geochang Festival. Neun Mal wird »Hamlet, a Ghoststory« aufgeführt.

Kennengelernt haben sich Brecht-Fan Master Lee und die fünf »Helmis« 2006 beim Berliner Theatertreffen. Der Koreaner besuchte daraufhin das Puppentheater im Ballhaus Ost - und wurde Fan der aus alten Matratzen gebastelten Schaumstoffpuppen, die ihn an Manga-Figuren erinnerten. Vor zehn Jahren gastierte »Das Helmi« mit »Arsen und Spitzenhäubchen« erstmals in Korea, wurde zum Hunde-Essen eingeladen - seitdem hält der Kontakt.

Das vor 15 Jahren gegründete »Helmi« ist seit 2007 unter dem Dach des Ballhauses Ost zu Hause. Dort wird geprobt, aufgeführt, gelagert. Überall liegen Matratzenteile herum, aus bunten Kisten quellen Stoffreste. Die »Helmis« finden ihre Stoffe auf der Straße: 80 Prozent der Matratzen, die Loycke für seine markanten Puppen ausschlachtet, und in deren Schaumstoff er Gesichter schnitzt, sammelt er vom Bürgersteig auf.

Von den 24 Puppen, die in »Hamlet« auftauchen, sollen viele »Grabsteine mit Gesichtern« sein. Auch Männer in Frauenkleidern sind auf der Bühne gern gesehen, immer gut an kommt Karaoke. »Da überlege ich noch ein bisschen«, sagt Loycke. In Korea zähle Theater nicht zur Hochkultur, ein Festival erinnere eher an einen Jahrmarkt, erklärt »Helmi«-Co-Gründer Emir Tebatebai. Gespielt wird vor großem Publikum, »das sind Arenen für uns«. epd/nd

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