Zu Fuß von der Pfaueninsel zum Reichstag

Seit zehn Jahren gibt es in der Wuhlheide den Modellpark Berlin-Brandenburg

  • Steffi Bey
  • Lesedauer: 3 Min.

Nur ein paar Schritte sind die Pfaueninsel und das Schloss Rheinsberg voneinander entfernt. Auch der historische Marzahner Dorfkern, das Brandenburger Tor, die Glienicker Brücke und das Lichtenberger Rathaus können in kurzer Zeit nacheinander zu Fuß erreicht werden. Mehr als 80 Sehenswürdigkeiten und historische Bauwerke im Maßstab 1:25 stehen an geschwungenen Wegen, auf liebevoll gestalteten Flächen, umgeben von Flussläufen, Trockenbiotopen und Miniaturrabatten in der Wuhlheide.

Genau zehn Jahre ist es her, dass der Modellpark Berlin-Brandenburg auf dem Gelände des einstigen Ernst-Thälmann-Stadions öffnete. Etwa 45 Modelle gab es damals - und noch viel Platz auf dem Areal. Sämtliche originalgetreue Nachbauten fertigten damals wie heute Menschen mit Behinderungen und Langzeitarbeitslose in den fünf Werkstätten der Union Sozialer Einrichtungen, kurz USE. Seit 2015 gibt es auch auf dem Parkgelände eine Werkstatt.

Jaqueline Bednarz gehört zum Team und half gerade bei der Restaurierung des Fortuna-Portals aus Potsdam. Auch an einem Bauernhof aus dem Spreewald baute sie mit: »Wir haben bei diesem Projekt viel experimentiert«, sagt sie. Um Kosten zu sparen wurden beispielsweise Plastiksägespäne mit Acrylfarbe eingefärbt und daraus »Gras« in verschiedenen Grüntönen hergestellt.

Mitarbeiter Sven Lange hat im Laufe der Jahre Fingerfertigkeit und einen genauen Blick für Details entwickelt, sagt er. Das Rathaus Köpenick zählt zu seinen persönlichen Favoriten - nicht nur, weil er im realen Pendant vergangenes Jahr heiratete. »Es macht Spaß immer wieder Neues auszuprobieren, ich fühle mich wohl hier«, sagt der 31-Jährige. Sophie Talke und Hardy Rödler waren lange Zeit arbeitslos. Während Rödler vor allem Kinder und Jugendliche durch die Anlage führt, bessert seine Kollegin gerade etliche Modelle aus. Sie streicht Fensterverkleidungen am Schloss Köpenick, fertigt Minifensterbretter und klebt sie auf die Fassade. »Ich hoffe, dass meine Maßnahme verlängert wird und ich noch eine Weile dabeibleiben kann«, sagt die Treptowerin. Aktuell sind unter anderem zwölf Menschen aus Lichtenberg und Treptow-Köpenick im Park beschäftigt, die lange ohne Arbeit waren. Dafür gibt es eine Kooperationsvereinbarung mit den örtlichen Job-Centern.

Natürlich soll die Ausstellung weiter wachsen. »Neues entsteht aber nur, wenn weiterhin Maßnahmen gefördert werden«, sagt Marcus Sydow, der beim USE für den Modellpark zuständig ist. Auf seiner Wunschliste stehen beispielsweise das Berliner Stadtschloss und das Rote Rathaus.

Zur barrierefreien Parklandschaft gehören auch ein Tast- und Kräutergarten und eine Schauwerkstatt. Ab 2018 sollen Besucher außerdem in einer nachgebauten Stralauer Spreegondel unter freiem Himmel Kaffee trinken können. Angeboten werden zudem besondere Führungen für sehbehinderte Menschen, die bestimmte Modelle ertasten dürfen. Aus Anlass des zehnjährigen Jubiläums können sich in dieser Saison zudem Kinder und Jugendliche im Kreativzelt ausprobieren und unter Anleitung Miniaturen gestalten.

Rund 30 000 Besucher kommen pro Saison in den Modellpark. Die meisten leben in Berlin und Brandenburg, aber auch viele Touristen aus dem Ausland sind dabei. Sie sind begeistert von den vielen kleinen Details: Von Stuckelementen, Ziegelfassaden, filigranen Balkonverzierungen sowie Säulen, Skulpturen und Bögen. Allein am Reichstag haben zehn Leute rund drei Jahre gearbeitet. Dass die Arbeiten von hoher Qualität sind, hat sich auch in einem anderen Bereich herumgesprochen: Seit kurzem nimmt die USE auch Aufträge von Unternehmen, Architekten und Privatleuten an.

Infos unter www.modellparkberlin.de

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