Auch TANs kosten Geld
Banken dürfen Kunden SMS in Rechnung stellen
Die Zinsen in der Eurozone sind niedrig, die Banken können das Geld ihrer Kunden nicht gewinnbringend anlegen, sondern zahlen auf hohe Beträge gar Negativzinsen. Auch die Kunden spüren den Druck: Banken und Sparkassen erheben für viele bisher kostenlose Dienstleistungen Gebühren. Für Onlinekonten etwa zahlt man einen meist niedrigen monatlichen Betrag, weil die Banken weniger Kosten für Verwaltung und Personal haben, wenn Bankgeschäfte elektronisch erledigt werden. Doch verlangen immer mehr Institute zusätzliche Gebühren.
So auch die Kreissparkasse Groß-Gerau (Hessen), die für die Versendung einer Transaktionsnummer (TAN) per SMS zehn Cent berechnet. Zu Unrecht, wie der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) meint, der dagegen klagte. Er hatte argumentiert, dass die Kunden eine monatliche Kontoführungsgebühr zahlten, die alle Kosten abdecken müsse. Der vzbv war extra vor den Bundesgerichtshof (BGH) gezogen, weil er sich eine Grundsatzentscheidung erhofft hatte. Wie viele Banken SMS-Gebühren erheben, ist nicht bekannt. Wie viele sie künftig verlangen wollen, ebenfalls nicht. Mehrere Banken planen aber neue Gebühren für Privatkunden.
In seinem am Dienstag in Karlsruhe verkündeten Urteil stärkte der BGH allerdings die Sicht der Bank, sie darf weiter Gebühren für den SMS-Versand verlangen. Mit einer Einschränkung: Der Kunde muss mit der an ihn geschickten TAN wirklich ein Bankgeschäft erfolgreich erledigt haben. Klauseln, laut denen jede übermittelte SMS-TAN eine Gebühr kostet, sind ungültig.
Der BGH bemängelte, dass die Gebühr auch erhoben wurde, wenn der Kunde die TAN etwa wegen eines Phishing-Verdachts nicht einsetzte, oder sie wegen Überschreitung der Geltungszeit verfalle oder wegen eines technischen Fehlers nicht übermittelt werde. Unklar ist aber, ob die Banken nachvollziehen können, ob eine TAN genutzt wurde. Davon hinge die Abrechnung ab.
Die Finanzexpertin der Verbraucherzentrale Sachsen, Andrea Heyer, bedauerte, dass ein Entgelt nicht ausgeschlossen wird. Dafür hätte das Gericht sich der Auffassung anschließen müssen, dass Überweisungen mit diesem Verfahren überwiegend im Interesse der Bank sind. Vzbv-Vorstand Klaus Müller bezeichnete die Entscheidung als »ernüchternd«. »Das Urteil könnte bedeuten, dass Verbraucher selbst für einen so einfachen Vorgang wie eine Onlineüberweisung keine Preistransparenz mehr haben.«
Der Streit um die SMS der Kreissparkasse Groß-Gerau ist noch nicht entschieden: Da der vzbv die Geschäftsbedingungen nicht einsehen durfte, hatte er seine Klage auf die Werbung gestützt. Weil die Sparkasse bestreitet, die Klausel so formuliert zu haben, wie der vzbv es behauptet, muss das Oberlandesgericht Frankfurt sich den Fall anschauen. Kommentar Seite 4
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