Erst Verbrecher, dann wir alle
Johanna Treblin kritisiert die Datensammelwut am Südkreuz
Daten, die erst einmal gesammelt sind, werden auch genutzt. Welcher Nutzen angebracht ist, wird immer wieder aufs Neue entschieden. Sind erst einmal ein paar Jahre vergangen, ist schon halb vergessen, wozu sie ursprünglich gesammelt wurden und unter welchen Bedingungen. Ähnliches gilt für Technologien, mit denen Daten erfasst und verarbeitet werden: Sind sie erst einmal vorhanden, werden sie auch eingesetzt. Auch deshalb, weil sie schließlich zu teuer waren, um sie nach ein paar Monaten wieder in den Müll zu werfen.
Die Technologie, mit der am Bahnhof Südkreuz Gesichter und Verhaltensweisen aufgenommen und analysiert werden, soll zur Verbrechensbekämpfung eingesetzt werden. Doch gleichzeitig werben die Initiatoren damit, dass auch hilflose Personen - etwa nach einem Herzinfarkt oder einem epileptischen Anfall - erkannt werden können.
Es sollte nicht verwundern, wenn die Technologie bald auch eingesetzt wird, um Fußballfans oder Demonstrationsteilnehmer am Bahnhof zu erfassen und nach welchen Algorithmen auch immer aus dem Verkehr zu ziehen. Auch Illegalisierte könnte es treffen. Die wir rufen, die Geister, werden wir nicht so einfach los.
Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln
Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.