Feuerwehrmänner erhalten weniger Geld für Überstunden

Urteile zu Überstunden

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Die 14 brandenburgischen Feuerwehrmänner bekommen nach Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig vom 20. Juli 2017 (Az. u. a. BVerwG 2 C 31.16) deutlich weniger Entschädigung für geleistete Überstunden als erhofft. Die Männer hätten erst ab dem Zeitpunkt Anspruch auf Geld, an dem sie bei ihren Arbeitgebern Widerspruch eingelegt hätten, begründete der Vorsitzende Richter Ulf Domgörgen die Urteile. Klagen, die weiter zurückliegende Zeiträume betreffen, wurden abgewiesen.

Grundsätzlich haben die Rettungskräfte nach den Urteilen aber das Recht auf Entschädigung von ihren Arbeitgebern, den Städten Potsdam, Cottbus und Oranienburg. Wie viel Geld ihnen im Einzelfall zusteht, muss nun das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg klären.

Die Feuerwehrmänner hatten von ihren Städten jeweils Summen in fünfstelliger Höhe für Überstunden aus den Jahren 2007 bis 2013 gefordert. Sie hatten im Schichtdienst teils 56 Stunden pro Woche gearbeitet. Die EU-Richtlinie zur Arbeitszeit sieht aber maximal 48 Stunden pro Woche vor.

Ausnahmen können zwar gelten. Dafür gibt es aber bestimmte Anforderungen. Diese habe der Gesetzgeber nicht erfüllt, sagte der Richter. »Eigentlich liegt der Fehler beim Land Brandenburg.« Zum Beispiel darf niemandem ein Nachteil entstehen, der nicht länger als 48 Stunden arbeiten will. Das habe der Gesetzgeber in Brandenburg nicht korrekt in Landesrecht gegossen, urteilte das Bundesverwaltungsgericht. Daraus resultiere der grundsätzliche Entschädigungsanspruch der Feuerwehrleute.

»Wir begrüßen das Urteil, was die europarechtliche Seite angeht«, so Rechtsanwalt Thomas Becker, der vier Potsdamer Rettungskräfte vor Gericht vertrat. Trotzdem seien seine Mandanten enttäuscht. Sie bekämen nun wohl nur die Hälfte der Summe, die sie ursprünglich gefordert hatten. Die Stadt Potsdam kündigte an, die zustehenden Beträge aus der Zeit von 2010 bis 2014 »schnellstmöglich« auszuzahlen.

Gar keine Entschädigung bekommt nach eigenen Angaben Immo Goschin, Feuerwehrmann ebenfalls aus Potsdam. »Das ist ein Schlag ins Gesicht für die Kläger«, sagte der 57-Jährige nach der Urteilsbegründung. Er habe 2007 einen Vertrag unterschrieben, mit dem er sich bereit erklärte, mehr als 48 Stunden zu arbeiten. Aber er sei davon ausgegangen, dass er dafür auch mehr Geld bekomme, sagte er. Die Mehrarbeit habe ihm gesundheitlich schwer zugesetzt. »Wir werden uns darüber unterhalten, wie wir dagegen vorgehen«, kündigte der abgewiesene Feuerwehrmann an.

Ein anderer Teilaspekt könnte bald den Europäischen Gerichtshof beschäftigen. In der EU-Richtlinie sei unscharf formuliert, in welchem Zeitraum angehäufte Überstunden abgefeiert oder mit Geld vergolten werden müssen, so Richter Ulf Domgörgen. dpa/nd

Kommunale Kliniken müssen für ungeplante Überstunden zahlen

Kommunale Kliniken müssen ungeplante Überstunden mit Überstundenzuschlägen honorieren. Ein Freizeitausgleich ist nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst - Krankenhäuser (TVöD-K) nur dann möglich, wenn im Schichtplan bereits Überstunden vorgesehen sind.

Das entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am 6. Juli veröffentlichten Urteil (Az.6 AZR 161/16l). Dies gelte auch für teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer.

Geklagt hatte ein Krankenpfleger aus Berlin, der in einer Klinik auf einer Dreiviertelstelle in Wechselschicht arbeitete. Es kam immer wieder zu ungeplanten Überstunden, für die der Pfleger mit Verweis auf den TVöD-K einen Überstundenzuschlag beanspruchte.

Die Klinik gewährte nur einen Freizeitausgleich. Der Kläger habe gar keine Überstunden, sondern »Mehrarbeit« geleistet. Überstunden könnten bei einer Wechselschichtarbeit erst dann anfallen, wenn diese über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten - also 39 Stunden - lägen. Doch selbst dann habe der Arbeitgeber immer noch die Möglichkeit, einen Freizeitausgleich zu gewähren.

Zwar seien die entsprechenden Regelungen im TVöD-K nicht ganz eindeutig, so das BAG. Dennoch sei die einzig sinnvolle Auslegung, dass dem Kläger für ungeplante Überstunden ein Überstundenzuschlag zustehen müsse. Maßstab sei hier die im Schichtplan festgesetzten »täglichen« Arbeitsstunden.

Die Klinik könne nicht darauf verweisen, dass ungeplante Überstunden wegen des Zuspätkommens von Beschäftigten bei Schichtwechsel anfallen und daher die Arbeitnehmerseite dafür geradestehen müssen, urteilte das BAG. Überstundenzuschläge stünden auch Teilzeitbeschäftigten zu. Dass »Überstunden« erst bei Überschreiten der regelmäßigen Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten anfallen sollten, stelle eine »gleichheitswidrige Diskriminierung« von Teilzeitbeschäftigten dar, entschied das BAG. epd/nd

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