Ein »Skywalk« an der Elbe?

Ein Investor will aus der Eisenbahnbrückenruine bei Dömitz eine Attraktion machen

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Reste der Dömitzer Eisenbahnbrücke am Westufer der Elbe gelten als bedeutendes Industriedenkmal und eines der Wahrzeichen im Wendland. Ein niederländischer Investor hatte die in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges zerstörte Brücke vor bereits sieben Jahren ersteigert. Jetzt hat er Mittel des Bundes und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz eingeworben, um aus der Brücke eine Touristenattraktion zu machen - er denkt an eine Art »Skywalk« wie in Paris oder New York.

Die zwischen 1870 und 1873 errichtete Brücke über die Elbe war ein gewaltiges Bauwerk und mehr als 1000 Meter lang. Am 20. April 1945 wurde die Brücke durch einen Luftangriff der Alliierten zerstört. Sie wurde nie mehr aufgebaut, blieb ein stummer Zeuge deutscher Nachkriegsgeschichte.

Die Reste auf dem niedersächsischen Ufer sind etwa 550 Meter lang. Der Bahndamm erstreckt sich vom Brückenkopf landeinwärts über fast zwei Kilometer. Die Brücke befand sich lange Zeit im Besitz der Deutschen Bahn. Nachdem das Unternehmen vergeblich versucht hatte, sie zu verkaufen oder sogar zu verschenken, gab es das Bauwerk 2010 an ein Auktionshaus zur Versteigerung. Das Mindestgebot war auf 19 800 Euro festgesetzt. Den Zuschlag erhielt schließlich der Niederländer Toni Bienemann. Der Manager des Unternehmens »Dutchi Motors«, dessen Hobby das Aufkaufen und Herrichten von Industriedenkmälern ist, musste 305 000 Euro auf den Auktionstisch blättern.

Der Landkreis Lüchow-Dannenberg sowie die Gemeinde Langendorf und die Samtgemeinde Elbtalaue, auf deren Gebiet die Brückenreste stehen, äußerten damals die Hoffnung, dass der neue Besitzer das historische Monument einer touristischen Nutzung zuführen würde. Der Kreisverwaltung etwa schwebte vor, den Brückenkopf als Aussichtsplattform zu gestalten und dort ein kleines Café einzurichten. Doch zunächst passierte: Nichts.

Nun aber herrscht Betrieb auf der Brücke. Handwerker haben damit begonnen, die beiden historischen Kopftürme der Brücke zu restaurieren. Rund 12 000 Steine müssen sie dafür neu setzen, mühselig Fuge für Fuge zunächst mit der Fräse öffnen, um dann die Reste der harten Verfüllung mit Hammer und Meißel zu entfernen.

Zu Jahresbeginn hatte Investor Bienemann von einem Denkmalschutzprogramm der Bundesregierung profitiert und 330 000 Euro für die Sanierung erhalten. Jetzt bewilligte die Deutsche Stiftung Denkmalschutz einen weiten Zuschuss in Höhe von 100 000 Euro. Bienemann selbst kommt für 300 000 Euro auf.

Wenn die dringendsten Sanierungsarbeiten abgeschlossen sind, will sich Bienemann dem knapp 600 Meter langen Stahlgerüst zuwenden. Zunächst soll die Brückentrasse wieder begehbar gemacht werden - doch dafür gibt es noch keine Finanzierung. Langfristig hat Bienemann mit der Brücke große Pläne: Denkbar sei etwa ein »Skywalk«, wie es ihn auch in New York und Paris gebe. »Vorne die Elbe sehen, bei Hochwasser die Eisschollen und im Sommer die Natur und die Vögel beobachten.« In New York ist der »Skywalk« eine fast zweieinhalb Kilometer lange, nicht mehr als solche genutzte Güterzugtrasse im Westen von Manhattan. In Paris wird eine Plattform mit Glasboden im ersten Stockwerk des Eiffelturms »Skywalk« genannt.

Mit dem von den Kommunalpolitikern erhofften Café, so viel scheint klar, wird es aber nichts: Das Brückenbauwerk verfügt weder über einen Strom- noch einen Wasseranschluss, sanitäre Anlagen gibt es nicht. Da die Ruine kilometerweit von Ansiedlungen entfernt steht, würde die Verlegung von Versorgungsleitungen Millionen verschlingen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal