Jamaikadebatte schadet Grünen
Aert van Riel über die Wahlstrategien der Ökopartei
Für die Grünen ist es riskant, dass sie vor der Bundestagswahl über mögliche Koalitionsverhandlungen reden. Denn diese Gespräche müssten nach derzeitigem Stand mit der Union und eventuell auch mit der FDP geführt werden. Wenn man sich dann auf eine sogenannte Jamaika-Koalition einigen sollte, würden die fortschrittlichen Passagen im Wahlprogramm der Grünen zur Sozial- und Flüchtlingspolitik keine Rolle mehr spielen. Die Kräfteverhältnisse wären klar verteilt und die Ökopartei nur ein Anhängsel der Union oder von Schwarz-Gelb.
Wegen dieser Aussichten droht ein weiterer Verlust von Stimmen bisheriger linker Unterstützer der Grünen. Die Spitzenkandidaten Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir ignorieren dies. Sie vertreten eine eher konservative Politik und stehen in vielen Fragen der Union näher als dem linken Flügel ihrer eigenen Partei. Als Stichwort sei hier nur der Umgang mit den Hartz-IV-Sanktionen genannt. Deren Abschaffung ist zwar Beschlusslage der Grünen, aber die Forderung entspricht keineswegs dem Willen des Spitzenkandidatenduos.
Eine zündende Idee, wie es in den Umfragen wieder bergauf gehen könnte, war auch beim Parteitag der Grünen am Sonntag nicht zu erkennen. Das Werben der Ökopartei um enttäuschte SPD-Anhänger ist wenig erfolgversprechend. Denn diese Leute wissen, was eine Regierungsbeteiligung der Grünen im Unterschied zu einer erneuten Großen Koalition bedeuten würde: Noch mehr Macht für Angela Merkel.
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