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Ab ans Steuer
Personalie
Fünf Jahre ist es her, dass ein Video einer jungen, verschleierten Frau in Saudi-Arabien für Aufsehen sorgte. Die Informatikerin Manal al-Sharif hatte sich von ihrer Freundin Wajeha al-Huwaider am Steuer eines Autos bei der Fahrt durch die Stadt al-Chubar im Osten Saudi-Arabiens filmen lassen. Kurz darauf wurde sie wegen »Aufwiegelns der öffentlichen Meinung gegen den Staat« verhaftet. Nach Protesten von Amnesty International wurde sie zwar wieder freigelassen, musste jedoch ihr Land verlassen, da sie Morddrohungen erhielt.
»Wenngleich ich in dem Moment eingeschlossen war, fühlte ich mich wie einer der Singvögel meines Vaters, wenn er sie aus dem Käfig lässt und sie frei im Raum herumfliegen können«, schrieb al-Sharif vor einigen Wochen in einem Beitrag für die britische Tageszeitung »The Guardian« bezüglich ihrer ersten Autofahrt.
Mit ihrer Protestbewegung »Women2drive« (Frauen ans Steuer) rüttelte al-Sharif an einem in der Kultur Saudi-Arabiens tief verwurzelten Tabu. Gleichzeitig sprach sie Millionen Frauen an, die aufgrund ihrer akademischen Ausbildung Auslandsaufenthalte machten und in anderen Ländern das Autofahren lernten.
Dennoch kam die Entscheidung des saudischen Königs Slaman überraschend, am Dienstag per Dekret das Recht für Frauen zu verabschieden, künftig in Saudi-Arabien einen Führerschein erwerben zu können. Ab Juni kommenden Jahres dürfen Frauen dem Dekret zufolge am Steuer sitzen, wie die staatliche Nachrichtenagentur SPA meldete. Bis dahin soll alles auf die Millionen neuen Teilnehmerinnen im Straßenverkehr vorbereitet sein.
»Wir haben es geschafft«, verkündete die 38-Jährige über den Nachrichtendienst Twitter. Für sie persönlich wird der Kampf für Frauenrechte weitergehen. Seit sie in Sydney lebt und zum zweiten Mal geheiratet hat, kann sie ihren Sohn aus erster Ehe in Saudi-Arabien nur gelegentlich besuchen. Ihrem Sohn aus zweiter Ehe ist es nicht gestattet, in das Königreich einzureisen. Es gilt daher noch einige Kämpfe zu führen.
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