Die Linke in NRW: Den Landtag 2027 im Blick

Die nordrhein-westfälische Linke will die Kraft aus Bund und Kommunen nutzen

Konzentrierte Debatten prägten den Parteitag der Linken Nordrhein-Westfalen.
Konzentrierte Debatten prägten den Parteitag der Linken Nordrhein-Westfalen.

Die Geschichte der nordrhein-westfälischen Linken als parlamentarischer, landespolitische Akteurin ist kurz. Nur von 2010 bis 2012 saß die Partei im Landtag. Nachdem ein Haushaltsentwurf der damaligen rot-grünen Minderheitsregierung keine Mehrheit fand, gab es Neuwahlen. Bei diesen scheiterte Die Linke mit 2,5 Prozent an der Fünf-Prozent-Hürde, die elf Abgeordneten flogen aus dem Landesparlament. Bei den darauf folgenden Wahlen 2017 und 2022 verpasste die Partei den Wiedereinzug. Wobei gerade der Wahlkampf 2022 wegen des Streits um Sahra Wagenknecht und ihre Positionen wirklich schlecht lief. Nur 2,1 Prozent der Wähler*innen gaben schließlich der Linken ihre Stimme.

Diese Zeiten sind vorbei und in der NRW-Linken herrscht eine lange unbekannte Einigkeit. Beim Parteitag am Wochenende in der Essener Messe herrschte gute Laune. 5,6 Prozent der Wähler*innen haben Die Linke im Landesschnitt bei den Kommunalwahlen im September gewählt. Acht Linke ziehen als direkt gewählte Abgeordnete in ihre Stadträte ein. Das macht offenbar Lust auf mehr. Landessprecher Sascha H. Wagner sprach davon, dass man mit »Stolz, Energie und Mut« zusammenkomme. Mit 734 kommunalen Mandatsträger*innen, beinahe eine Verdoppelung zur Anzahl von 2020, habe man jetzt die Chance sich zu »verwurzeln«. Das sei auch notwendig angesichts eines politischen Klimas, das Wagner als »zynisch, spaltend und gefährlich« bezeichnete. Vom Landesparteitag soll nach Wagners Willen das Zeichen ausgehen, dass Die Linke »lebt, kämpft und wächst«. Die Ansage des Bundestagsabgeordneten: »Mit uns ist zu rechnen, im Bund, in den Kommunen und künftig auch im Düsseldorfer Landtag.«

Gewählt wird dieser erst wieder im Jahr 2027. Aber bei der Linken will man das wahlkampffreie Jahr 2026 nutzen, um wirklich gut vorbereitet in den Landtagswahlkampf zu ziehen. Dafür wurde in Essen ein Fahrplan beschlossen. Der sieht einen differenzierten Programmprozess für 2027 vor. Im September 2026 soll das Programm stehen, die Kampagne im November 2026 fertig sein. Das Ziel: 500 000 Stimmen für Die Linke. Das würde den sicheren Einzug in den Landtag bedeuten. Die Partei setzt dabei darauf, dass sie die einzige Kraft ist, die sich dem »Schäbigkeitswettbewerb gegenüber Migrant*innen und gegenüber Empfänger*innen von Bürgergeld entgegenstellt«. Oder wie es die Europaabgeordnete Özlem Alev Demirel sagt: »Wir werden als Hoffnungs- und Gegenpol zur AfD wahrgenommen, das müssen wir bei der Landtagswahl 2027 noch deutlicher herausstellen.«

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Nur in den Landtag kommen, das reicht einigen Delegierten beim Parteitag nicht, sie geben noch deutlich ambitioniertere Ziele aus. Die Kölnerin Nadine Mai spricht von der »kölschen Zahl Elf« (am 11.11. beginnt die Karnevalszeit). Bei der Kommunalwahl habe man in Köln elf Prozent erzielt, das sei doch auch eine gute Zielsetzung für die Landtagswahl. Der direkt gewählte Wuppertaler Ratsherr Till Sörensen-Siebel gab sogar die Devise aus, dass es darum gehe, bei der Landtagswahl Direktmandate zu erzielen. Wünsche, Ansprüche und Ziele, gegen die sich beim Parteitag niemand stellen wollte.

Wirklich leidenschaftliche Debatten gab es auf dem Parteitag nur beim Thema Finanzen. Seit 2012 werden die Mitgliedsbeiträge in Nordrhein-Westfalen im Verhältnis 80:20 zugunsten des Landesverbandes verteilt. Eine Regelung, die aus einer finanziellen Schieflage des Landesverbandes entstand und die, gerade bei erfolgreichen großstädtischen Kreisverbänden heute, für Unmut sorgt. Sie hätten gerne ein größeres Stück vom Kuchen und beantragten eine 50:50-Verteilung. Vor Ort soll entschieden werden, wofür das Geld ausgegeben wird. Dem Landesvorstand geht das zu schnell und zu weit. Er schlägt ab 2026 eine Verteilung von 70:30 vor, nach der Landtagswahl 2027 sollen 60 Prozent der Beiträge beim Landesverband bleiben und 40 Prozent an die Kreisverbände gehen. Die Begründung des Landesvorstands lautet, die Landesgeschäftsstelle sei zu schlecht ausgestattet, sowohl personell als auch mit technischen Ressourcen. Das müsse sich ändern, wenn man 2027 einen erfolgreichen Wahlkampf bestreiten wolle. Für den Wahlkampf brauche es auch größere Rücklagen, um Kreisverbände im ländlichen Raum unterstützen zu können, die weder hohe Mitgliedsbeiträge noch große Mandatsträgerabgaben erhalten. Nach einer Diskussion, in der die lokale finanzielle Autonomie und die landesweite Finanzsolidarität diskutiert wurden, stimmte eine Mehrheit des Parteitags für den Vorschlag des Landesvorstands.

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