Witwe vergaß das Testament

Erbrecht

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Da vermeintlich kein Testament vorlag, erhielt die Witwe einen Erbschein auf Grund gesetzlicher Erbfolge. Das bedeutet: Die Witwe wurde nicht Alleinerbin, die beiden Kinder erbten jeweils ein Viertel des landwirtschaftlichen Grundbesitzes.

Der psychisch kranke Sohn stand unter Betreuung. Sein Betreuer beantragte die Teilungsversteigerung zweier Immobilien, um diese «zu Geld zu machen». Aus diesem Grund sichtete die Tochter noch einmal die Unterlagen des verstorbenen Vaters und fand das handschriftliche Testament von 1984. Daraufhin erklärte das Nachlassgericht die Witwe zur Alleinerbin.

Der Betreuer legte dagegen Beschwerde ein und bezweifelte die Gültigkeit des Testaments. Seine Begründung: Es fehlten Angaben dazu, wo und wann es geschrieben und unterschrieben wurde. Der Erblasser habe das Testament nicht handschriftlich verfasst, sondern nur unterzeichnet. Wenn überhaupt, habe er es erst viel später unterschrieben. Außerdem sei es unglaubwürdig, dass die Witwe ein Testament vergessen haben könnte.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf (Urteil vom 3. Januar 2017, Az. I-3 Wx 55/16) erklärte das Testament für wirksam. Offenkundig sei es von Frau R. geschrieben und vom Mann nur unterschrieben worden. Bei gemeinschaftlichen Testamenten sei das aber vom Gesetz vorgesehen. Beim Ehegattentestament spiele es keine Rolle, wann der Partner unterzeichne - sofern der Wille vorliege, zusammen mit dem Partner «den letzten Willen» festzulegen. Da in der Überschrift stehe «gemeinschaftliches Testament», bestehe daran kein Zweifel. Wann und wo das gemeinschaftliche Testament verfasst oder unterzeichnet wurde, sollten die Verfasser möglichst schriftlich festhalten. Wenn diese Angaben fehlten, werde es aber nicht unwirksam.

Dass das Testament erst während des Versteigerungsverfahrens vorgelegt wurde, sei nicht ungewöhnlich, denn als die Witwe den Erbschein beantragte, war sie 83 Jahre alt. Deshalb und weil das Dokument vor 30 Jahren geschrieben wurde, sei es glaubwürdig, dass sie sich daran nicht mehr erinnern konnte und das Testament erst später gefunden wurde.

Warum der Witwer nicht Alleinerbe wird

Nach dem Tod von Frau X. legte ihr zweiter Ehemann dem Nachlassgericht ein handschriftliches, gemeinschaftliches Testament vor, in dem sich die Ehepartner gegenseitig zu Alleinerben einsetzten. Der Witwer beantragte einen Erbschein als Alleinerbe. Doch die beiden Kinder von Frau X. aus erster Ehe bestritten, dass die Unterschrift ihrer Mutter echt war.

Das Nachlassgericht beauftragte einen Schriftsachverständigen, Testament und Unterschrift zu prüfen. Der Graphologe untersuchte mehrere Schriftproben der Erblasserin zum Vergleich und kam zu dem Resultat, dass die Unterschrift mit einer Wahrscheinlichkeit von 75 Prozent von Frau X. stammte. Was bedeutet: mit «leicht überwiegender Wahrscheinlichkeit».

Das genüge nicht, um dem Witwer einen Alleinerbschein auszustellen, so das Oberlandesgericht Düsseldorf (Urteil vom 17. November 2014, Az. I-25 Wx 84/14). Außer diesem Gutachten gebe es keine weiteren Umstände, die für oder gegen die Echtheit der Unterschrift sprächen. Wenn es allein auf das Gutachten ankomme, blieben bei einer nur «leicht überwiegenden Wahrscheinlichkeit» doch Zweifel. Als bewiesen könne die Echtheit der Unterschrift nur gelten, wenn der Graphologe zu dem Schluss komme, dass sie mit «überwiegender (90 Prozent)» oder «hoher Wahrscheinlichkeit (95 Prozent) vom Erblasser stamme. OnlineUrteile.de

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