- Politik
- Streit um das Grundeinkommen
Abstimmung über Grundeinkommen
Ein Teil der Linkspartei initiiert gegen den Willen des Bundesvorstands eine Mitgliederbefragung
Bei der Debatte um das Grundeinkommen begehrt eine Gruppierung innerhalb der Linkspartei gegen den Parteivorstand auf. Die »Bundesarbeitsgemeinschaft Grundeinkommen« wird am Samstag ankündigen, eine Mitgliederbefragung anzustrengen. Sie will damit eine Entscheidung über die Position der Partei erzwingen. Ein zwei Jahre alter Parteitagsbeschluss hatte an die Mitglieder appelliert, zunächst keine endgültige Entscheidung über das Grundeinkommen herbeizuführen. Grund für den Beschluss ist, dass der Parteitag eine Spaltung und den Verlust eines Teils der Wählerschaft befürchtete.
Der Parteivorstand lehnte den Mitgliederentscheid in einem in der vergangenen Woche gefassten Beschluss ab und verwies auf die Entscheidung des Parteitags. Anstelle des Mitgliedervotums plädiert der Vorstand für eine Debatte. Der Vorstand droht, für ein Nein zu werben, sollte der Mitgliederentscheid zustande kommen. Parteichef Bernd Riexinger und die Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht gelten als strikte Gegner des Grundeinkommens. Parteichefin Katja Kipping vertritt als Befürworterin im Parteivorstand eine Minderheitenposition. Im Wahlprogramm zur Bundestagswahl hatte die Linkspartei lediglich angekündigt, sich für die Einsetzung einer fraktionsübergreifenden Enquetekommission einzusetzen, die das Grundeinkommen erörtern soll.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft begründet ihren Vorstoß mit strategischen Erwägungen. »Das Silicon Valley und DAX-Konzerne haben neoliberale Modelle des Grundeinkommens ins Gespräch gebracht«, sagt Parteimitglied Ralf Engelke. »Wir sind besorgt, dass sich diese Vorschläge in den Köpfen der Bürger festsetzen.« Die Linkspartei solle den neoliberalen Modellen deshalb ein linkes Grundeinkommen entgegensetzen, das existenzsichernd ist und ohne Bedürftigkeitsprüfung – also bedingungslos – an jeden Bürger ausgezahlt wird.
In der Bundesarbeitsgemeinschaft ist man überzeugt, dass in Folge von Automatisierung und Digitalisierung Arbeitsplätze wegfallen. Ein Grundeinkommen erscheint ihr unumgänglich.
Bislang spricht sich allein die FDP für ein Grundeinkommen aus. Sie möchte sämtliche Sozialleistungen in einem »Bürgergeld« zusammenfassen, darunter auch Wohngeld und Kinderzuschlag. Linke Gegner des Grundeinkommens befürchten einen Kahlschlag des Sozialstaats und die Einschränkung der Tarifautonomie.
Um das Quorum für einen Mitgliederentscheid zu erreichen, muss die Bundesarbeitsgemeinschaft zunächst etwa 3000 Unterschriften sammeln. Die Linksjugend »Solid« votierte bereits für die Mitgliederbefragung. Auch der Landesverband Sachsen spricht sich mehrheitlich für den Entscheid aus. Im vergangenen Jahr war der Antrag für einen Mitgliederentscheid vom Parteitag noch an den Bundesausschuss verwiesen worden, der diesen mit klarer Mehrheit ablehnte.
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