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330 000 Stromsperren in 2016

Betroffene reagieren häufig zu spät

  • Lesedauer: 2 Min.

Bonn. Wegen unbezahlter Rechnungen ist im vergangenen Jahr rund 330 000 Haushalten in Deutschland der Strom abgestellt worden. Neben den Sperrungen der Anschlüsse hat es im Jahr 2016 zudem etwa 6,6 Millionen Sperrandrohungen gegen säumige Zahler gegeben. Das geht aus dem Entwurf für den Jahresmonitoringbericht von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt hervor, der der Nachrichtenagentur dpa vorliegt. Die Zahl der Stromabschaltungen im Auftrag der örtlichen Grundversorger ist damit im Vergleich zum Jahr zuvor nur leicht zurückgegangen. Damals gab es etwas über 331 000 Fälle, wo Haushalten die Stromzufuhr gekappt wurde.

Stromsperren sind als letztes Mittel der Versorger bei Zahlungsrückständen von mindestens 100 Euro, mehreren Mahnungen und einer Sperrandrohung mit letzter Zahlungsfrist möglich. Für die Betroffenen bringen sie hohe Zusatzkosten, denn die Kunden müssen nicht nur die aufgelaufenen Rechnungen, sondern auch die Sperrung und den späteren Wiederanschluss selbst bezahlen: Nach dem Bericht fielen dafür im Schnitt jeweils 35 bis 40 Euro an, wobei einzelne Versorger wesentlich höhere Beträge von jeweils bis zu 200 Euro forderten.

Nach den Beobachtungen von Verbraucherzentralen und Sozialbehörden reagieren Betroffene oft zu spät auf die drohende Zahlungsunfähigkeit. Teil des Problems sind auch die stark gestiegenen Strompreise: Seit dem Jahr 2000 haben sie sich für Haushaltskunden von 15 Cent pro Kilowattstunde auf um die 30 Cent verdoppelt. Die durchschnittlichen Realeinkommen stiegen im selben Zeitraum dagegen nur kaum. Vor allem für Arme Menschen ist dies ein Problem. Der Energieanteil in den Hartz-IV-Regelsätzen deckt nach Meinung von Sozialverbänden den Strombedarf eines Ein-Personen-Haushaltes bei weitem nicht ab.

Zudem stecken ausgerechnet arme Menschen vielfach in teuren Grundversorgungstarifen für ihren Strom fest. Bei schlechter Bonität der Kunden schließen manche Energieversorger keine günstigeren Sonderverträge ab. Weil sie kein Geld haben, können sich arme Kunden oftmals keine neuen Haushaltsgeräte wie Kühlschränke und Waschmaschinen leisten und behalten ihre alten »Stromfresser«. Sie verbrauchen damit also überdurchschnittlich viel. dpa/nd Kommentar Seite 4

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